Lieber die Bewegungsgleichungen der Elektricität für ruhende leitende Körper. by Helmholtz, H. von in: Journal für die reine und angewandte Mathematik, (page(s) 57 - 129) Berlin; 1826 Terms and Conditions The Goettingen State and University Library provides access to digitized documents strictly for noncommercial educational, research and private purposes and makes no warranty with regard to their use for other purposes. Some of our collections are protected by Copyright. Publication and/or broadcast in any form (including electronic) requires prior written permission from the Goettingen State- and University Library. Each copy of any part of this document must contain there Terms and Conditions. With the usage of the library's online System to access or download a digitized document you accept there Terms and Conditions. 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Webers sinnreicher Hypothese über das Wesen der elektri- schen Fernwirkungen ergeben, sind von Herrn G. Kirchhoff*) entwickelt, und theils von ihm, theils von anderen Mathematikern mit Erfolg zur Erklärung einiger Beobachtungsthatsachen benutzt worden. Bei meinem Versuche, sie auf eine neue Aufgabe anzuwenden, ergaben sich physikalisch unzulässige Folgerungen, und die nähere Untersuchung überzeugte mich bald, dass der Grund davon in den Principien der Theorie stecke, "dass nämlich nach den Folgerungen aus der Wiedersehen Theorie das Gleichgewicht der ruhenden Elektricität in einem leitenden Körper labil sei, und dass deshalb die darauf gegründete Theorie die Möglichkeit von elektrischen Strömungen anzeige, die zu immer grösser werdenden Werthen der Strömungsintensität und der elektri- schen Dichtigkeit fortschritten. ' Als ich dagegen versuchte, neue Bewegungsgleichungen zu bilden, bei denen ich statt des Weberschen Gesetzes für die Induction zweier Stromelemente auf einander das von Herrn F. E. Neumann **) (dem Vater) formulirte Gesetz zu Grunde legte, erhielt ich brauchbare Gleichungen, die für die ruhende Elektricität stabiles Gleichgewicht ergaben. Bei diesem Widerstreit der Theorien schien es mir rathsam, möglichst wenig den Boden der Thatsachen zu verlassen und in der Theorie unbestimmt *) Poggendorffa Annalen CIL pag. 529. **) Die mathematischen Gesetze der inducirten elektrischen Ströme. Schriften der Berliner Akad. d. Wissensch, von 1845. — Besonders abgedruckt. Berlin, Keimer 1846. — Ueber ein allgemeines Princip der mathematischen Theorie inducirter elektri- scher Ströme. Berlin, Reimer 1848. (Vorgelegt der Berliner Akademie 9. August 1847.) Journal für Mathematik Bd. LXX1I. Heft 1. 8 58 Heimholte, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität, zu lassen, was bisher nicht als durch Versuche entschieden angesehen werden konnte. Die Art, wie ich in diese Frage hineingezogen war, Hess schon erkennen, dass die Untersuchung selbst eine gewisse Einengung in der Breite der zulässigen Annahmen herbeiführen würde ; denn nur diejenigen Annahmen konnten beibehalten werden, die für die ruhende Elektricität stabiles Gleich- gewicht ergeben. Zweitens schien zu hoffen, dass eine solche Theorie er- kennen lassen würde, bei welchen Klassen von elektrischen Versuchen wir erwarten dürften, Erscheinungen zu beobachten, welche auf das wahre Gesetz ' der Fernwirkung zweier Stromelemente gegen einander einen Rückschluss er- lauben würden, und umgekehrt, bei welchen anderen Klassen von Versuchen die bestehende Lücke unserer Kenntnisse keinen wesentlichen Einfluss auf ihre theoretische. Erklärung und Ableitung habe. Diese Aussicht ist auch in einem gewissen Sinne erfüllt worden, indem sich zeigt, dass die mit den uns gegen- wärtig zu Gebote stehenden Beobachtungsmitteln wahrzunehmenden Erschei- nungen von jener Lücke in unseren Kenntnissen wahrscheinlich nirgends Kunde geben, und daher auch zunächst nichts zu deren Ausfüllung beitragen werden. Die wesentlichste Lücke der Theorie in dem vorliegenden Gebiet be- zieht sich auf die durch Aenderung der Stromintensität vorhandener elektri- scher Ströme inducirten elektromotorischen Kräfte, sobald die inducirenden Ströme nicht vollständig geschlossen sind. Der charakteristische Unterschied zwischen einem System geschlossener und einem System ungeschlossener Ströme ist, dass in ersterem keine Veränderungen in der Dichtigkeit der freien Elektricität vorkommen, wohl aber in dem letzteren. Bisher kennen wir nun aus 'der Erfahrung mit hinreichender Genauigkeit die Gesetze der elektro- dynamischen Anziehungen und die damit connexen Gesetze der inducirten elektromotorischen Kräfte nur für geschlossene Ströme, oder höchstens solche Fälle ungeschlossener Ströme (Leydener Flaschen), bei denen die Unterbrechungs- stelle einflusslos auf die elektrodynamischen Wirkungen blieb. Der Standpunkt der reinen Erfahrungstatsachen ist gewahrt, wenn man nach Ampbres Vorgang die elektrodynamischen Anziehungen darstellt als die Kräfte, welche zwei von den Stromkreisen begrenzte Flächen, mit magnetischen Doppelschichten bedeckt, auf einander ausüben; aber diese Art der Darstellung kann, wie ersichtlich, auf ungeschlossene Ströme nicht ausgedehnt werden. Indessen liegt es in der Natur der Sache, dass man versuchen musste, die Gesammtwirkung zweier Stromkreise auf einander nicht von zwei imaginären durch sie begrenzten Flächen herzuleiten, sondern sie in die Wirkungen ihrer Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 59 einzelnen Elemente aufzulösen. Dabei zeigte sich, dass das Gesetz der Elemen- larwirkungen nicht vollständig und eindeutig aus dem der Gesammtwirkung bestimmt werden konnte. Schon Ampere hatte ein Gesetz für die anziehenden und abstossenden Kräfte gegeben, welche zwei Stromelemente auf einander ausüben. Herr Grassmann *) zeigte, dass dafür auch andere Kräfte eingeführt werden konnten, ohne das Resultat bei irgend einer Anwendung auf ge- schlossene Ströme zu verändern. Herr F. E. Neumann (Vater) leitete aus Amperes Gesetzen für die Kräfte den Ausdruck für das Potential zweier Strom- elemente ab, und sprach zuerst das daraus herfliessende Gesetz der Induction aus, im Wesentlichen gestützt auf die Erfahrungsregel, dass die durch Bewe- gung von Magneten oder Stromleitern inducirten Ströme dieser Bewegung immer entgegenwirken. Wenig später erschien der erste Abschnitt von Herrn W. Webers „Elektrodynamischen Maassbestimmungen", in denen er zuerst das unter seinem Namen bekannte Gesetz der elektrischen Fernwirkung auf- stellte, welches alle bis dahin bekannten Wirkungen der Elektricität, die elektro- statischen, elektrodynamischen und inducirenden unter einen Gesichtspunkt zu- satnmenfasste. Das daraus hergeleitete Inductionsgesetz war abweichend von dem Neumannschen Gesetze; aber es zeigte die darauf folgende Discussion, dass bei richtiger Anwendung des Weberschen Gesetzes, es für alle Fälle, wo der inducirende Strom geschlossen ist, genau dieselben Resultate giebt, wie das von Herrn Neumann aufgestellte Gesetz. Da die von Herrn C. Neumann (Sohn) **) aufgestellte Hypothese über die elektrischen Fernwirkungen für geringere Strömungsgeschwindigkeiten der elektrischen Massen zum Weberschen Gesetze führt, so ist auch das daraus folgende Inductionsgesetz dasselbe, so lange nur die ersten Potenzen der Strom- stärken zu berücksichtigen sind. Ein andres Gesetz der Induction ist dagegen in den Arbeiten von Herrn Cl. Maxwell***), wenn auch in verdeckter Form, enthalten, welches wiederum für geschlossene, aber nicht für ungeschlossene Ströme mit den beiden vorher erwähnten übereinstimmt. Analytisch genommen beruht das bezeichnete Verhältniss dieser ver- schiedenen Gesetze darauf, dass die Differenzen zwischen den Werthen, die *) Neue Theorie der Elektrodynamik in Poggendorffs Annalen LXIV. 1845. **) Nachrichten von der Königl. Gesellschaft d. Wiss. zu Göttingen. 16 Juni 1868. ***) London, Philosophical Transactions 1865. P. I. p. 459. 8* 60 Heimholt*, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. sie ergeben, alle auf die Form as .da gebracht werden können, wo r die Entfernung der beiden Stromelemente ds und do, und B eine Constante bezeichnet. Diese Grösse liefert aber ein Integral vom Werthe Null, so oft sie über einen ganzen geschlossenen Strom- kreis, sei es s oder a, integrirt wird. Ihr Einfluss verschwindet also aus dem Resultate, so oft dabei einer der beiden Stromkreise als geschlossen in die Rechnung eingeführt wird. Dasselbe würde übrigens der Fall sein, wenn r auch nur irgend eine Function der Entfernung bedeutete. Im ersten Paragraphen der folgenden Untersuchung ist gezeigt worden, dass letzteres die allgemeinste Annahme ist, welche für das Potential zweier Strotnelemente gewählt werden kann, wenn das Potential geschlossener Stromsysteme immer seinen richtigen Werth erhallen soll. Wenn man übrigens noch die Annahme hinzufügt, wie dies in den folgenden Untersuchungen geschehen ist, dass die Wirkung nn- geschlossener Ströme in die Ferne keiner anderen Function der Entfernung proportional sei, als die aller anderen elektrischen Wirkungen, so ist unter r in dem obigen Ausdrucke die Entfernung selbst zu verstehen. Auf die hier gemachten Bemerkungen gestützt, habe ich meiner Unter- suchung einen Ausdruck für das Potential zweier Stromelemente zu Grunde gelegt (§. 1, Gleichung (1 .)), welcher eine Constante von unbekanntem Werthe (bezeichnet mit k) enthält, und in dieser Form die sämmtlichen bisher für dieses Potential aufgestellten Ausdrücke umschliesst. Aus meinem allgemeineren Ausdrucke ergiebt sich nämlich der von Herrn F. E. Neumann gebrauchte, wenn wir setzen k=i, dagegen der von Herrn Cl. Maxwell, wenn wir setzen ä = 0, und endlich der von Herrn W. Weber und C. Neumann, wenn wir setzen k = — 1 . Die besondere Form der Herleitung des betreffenden Ausdrucks, wie sie im ersten Paragraphen durchgeführt ist, habe ich gewählt, um hervortreten zu lassen, dass unter Hinzunahme der schon erwähnten Hypothese dieser Aus- druck der allgemeinste ist, der den Bedingungen der Aufgabe und dem Ge T setz von der Erhaltung der Kraft entspricht. Die weitere Annahme, dass auch die elektrodynamischen Wirkungen der ungeschlossenen Stromtheile ihrer Stromintensität einfach proportional sind, widerspricht gewissen Folgerungen der Weberseben Hypothese, die übrigens noch in keinem Falle durch die Erfahrung unterstützt worden sind. Wie es sich damit aber auch verhalten Heimholt*, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 61 mag, jedenfalls wird für geringere Stromstärken, die unterhalb einer gewissen Grenze bleiben, meine Annahme zulässig sein, so dass diese ungünstigsten Falls die Anwendbarkeit der von mir gezogenen Folgerungen nur in Bezug auf die zulässigen Stromstärken beschränkt. Im zweiten Paragraphen sind die Werthe des elektrodynamischen Poten- tials für Ströme, die continuirlich im Räume verbreitet sind, entwickelt, und zum weiteren Gebrauche umgeformt. Die Art der Umformung und die ana- lytischen Änstgriffe, welche dabei angewendet sind, sind im Wesentlichen dieselben, welche schon Herr Kirchhoff für denselben Zweck, aber auf einen etwas anders gestalteten Ausdruck angewendet hatte. Dann sind im dritten Paragraphen die Bewegungsgleichungen der Elektricität aufgestellt, und auf ein System von Differentialgleichungen gebracht worden. Letztere sind im Innern eines Leiters von gleichmässiger Beschaffen- heit dieselben, wie für verschwindend kleine Bewegungen in einem der Reibung unterworfenen Gase, nur mit anderen Grenzbedingungen. Dabei entsprechen aber die elektromotorischen Kräfte den Geschwindigkeiten des Gases, die elektro- statische Potentialfunction den Druck- und Dichtigkeitsänderungen des Gases. Im vierten Paragraphen folgt dann die Untersuchung, ob durch die aufgestellten Gleichungen der Verlauf der Bewegung eindeutig bestimmt sei. Dies ist der Fall, wenn die Constante k nicht negativ ist. Wenn sie aber negativ ist, ergiebt sich, dass der Werth der durch die elektrische Bewegung repräsentirten Arbeit negativ, d. h. kleiner als im Ruhezustande werden kann, was das Zeichen eines labilen Gleichgewichts der Elektricität im Ruhezustande ist. In der That wird ganz allgemein für Leiter jeder Form nachgewiesen, dass, wenn die genannte Arbeitsgrösse erst einmal einen negativen Werth hat, die Bewegung, sich selbst überlassen, fortdauernd anschwillt und zu un- endlichen Geschwindigkeiten und Dichtigkeiten der Elektricität führt*). Die Frage konnte noch sein, ob solche Bewegungen, die nach der labilen Seite des elektrischen Gleichgewichts hin ausschlagen, durch die be- kannten äusseren Einwirkungen, welche uns bei wirklichen Versuchen zu Gebote stehen, hervorgerufen werden könnten, falls die Constante k wirklich *) Aus mündlichen Mittheilungen meines Collegen Kirchhoff weiss ich, dass er schon vor mir gefunden hatte, dass gewisse elektrische Bewegungen in der Eugel nach den von ihm aus der Weberschea Hypothese abgeleiteten Gleichungen diese Eigenschaft haben. 62 Helmhollz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. einen negativen Werth hätte. Es wird im fünften Paragraphen an einem Beispiel, nämlich der Kugel, gezeigt werden, dass dies wirklich der Fall ist. Es muss dies nachweisbar im Allgemeinen geschehen, so oft elektrische Be- wegungen in einer homogenen leitenden Kugel dadurch hervorgerufen werden, dass man ihr einen elektrisirten Körper nähert, und ihn dann wieder entfernt, gewisse besondere Bewegungsarten des elektrisirten Körpers ausgenommen. Daraus geht hervor, dass die Annahme eines negativen Werthes für die Constante k, wie sie im Webersehen Inductionsgeset&e gemacht ist, un- zulässig ist. Es kann auffallen, dass in den bisherigen Arbeiten über dieses Thema, welche alle das von Herrn Kirchhoff'*) aus dem Wiedersehen Inductionsgesetz hergeleitete System von Gleichungen benutzt haben , diese Unzulänglichkeit nicht zum Vorschein gekommen ist. In dieser Beziehung ist zu bemerken, dass Herr Kirchhoff' selbst Anwendungen der von ihm gefundenen Gleichungen nur auf unendlich dünne Drähte gemacht hat , und es wird in §. 7 gezeigt werden, dass wenn nur solche Oscillationen der Elektricität als stattfindend vorausgesetzt werden, gegen deren Wellenlänge der Durchmesser des Drahtes verschwindend klein ist, der Einfluss der Constante k ebenfalls verschwindet, so dass Herrn Kirchhoffs Resultate durch die meinigen nicht beeinträchtigt werden. Dann hat Herr Jochmann **) dieselben Gleichungen angewendet zur Bestimmung der Ströme in einem rotirenden und der Einwirkung eines Magneten ausgesetzten Leiter. Solche Ströme sind in einer rotirenden Kugel immer geschlossene, so dass der Einfluss der Constante k verschwindet, und in einem Leiter von andrer Form (Scheibe) hat Herr Jochmann die Einwirkung der theilweis ungeschlossenen inducirten Ströme auf einander ausser Rechnung gelassen. Endlich hat Herr Lorberg***) die unter Einwirkung beliebiger periodischer äusserer Kräfte in einer homogenen leitenden Kugel vor sich gehenden perio- dischen Bewegungen der Elektricität untersucht, und es ist ihm gelungen, das ziemlich complicirte System der Differentialgleichungen für diesen Fall voll- ständig zu integriren. Seine Arbeit zeigt, dass periodische endlich bleibende *) Poggendorffs Annalen CII, p. 529. **) Dieses Journal Bd. LXIII, 158-178; 329-331. ***) Dieses Journal Bd. LXXl, p. 53. Heimholte, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 63 Bewegungen der Elektricität in einer Kugel unter Einfluss periodischer Kräfte vor sich gehen können, aber nicht, dass solche Bewegungen durch solche Kräfte aus dem Zustand der Ruhe hervorgerufen werden. Im Gegentheil die Vergleichung mit den von mir aufgestellten Integralen der Differential- gleichungen zeigt, dass dauernd endliche Bewegungen unter zeitweiliger Ein- wirkung äusserer Kräfte in der Kugel nur möglich sind, wenn schon vorher eine schwellende Bewegung der Elektricität bestand, welche durch Einwirkung der äusseren Kräfte in eine abschwellende verwandelt worden ist. Die von den Herren W. Weber und Lorberg hinzugefügte Annahme, dass die elektrischen Flüssigkeiten träge Masse und Beharrungsvermögen hätten, ändert nichts Wesentliches an diesen Ergebnissen. Auch die von Herrn W. Weber*) angedeutete Annahme, dass in elektrisch geladenen Theilen des Leiters sich positive und negative Elektricität mit verschiedener Geschwindigkeit bewegen könnten, wobei dann die Fern- wirkungen seiner Hypothese gemäss nicht einfach der Intensität der Strömung proportional, sondern auch von dem Producte dieser Intensität und der elektrischen Dichtigkeit abhängig werden würden, beseitigt die Schwierigkeit nicht, da die genannte Annahme nur Glieder höherer Dimensionen hinzufügen würde, die unzulässigen Folgerungen aber schon aus den Gliedern erster Dimension herfliessen, und sich daher bei den allerschwächsten Strömen schon geltend machen müssen. Es scheint mir vielmehr, dass die hier zu Tage kommende Unzuläng- lichkeit des Weberschen Gesetzes in der Natur desselben tief begründet ist. Dieses Gesetz fügt sich allerdings in so fern dem Gesetze von der Erhaltung der Kraft ein, als es keinen Kreisprocess zulässt, der Arbeit aus Nichts er- zeugte. Aber es widerspricht in so fern, als zwei elektrische Theilchen, die sich nach diesem Gesetze bewegen und mit endlicher Geschwindigkeit beginnen, in endlicher Entfernung von einander unendliche lebendige Kraft erreichen und also eine unendlich grosse Arbeit leisten können. Es sei m die Masse, welche sich mit dem elektrischen Theilchen e bewegt; dieses sei der abstossenden Kraft des gleichartigen Theilcheiis e' unterworfen; die Bewegung geschehe in Richtung der Entfernung r beider Theilchen. Nach dem Weberschen Gesetze ist: d'r e.e' r, 1 /drV , 2r d'rl m 'lF = •W+-?'dFJ' *) Elektrodynamische Maassbestimmungen Heft I. p. 160—164. 64 Heimholt*, über die Bewegungsgleichungen der Elektricitäl. Wir multipliciren mit und integriren: — (—^\ — c e ' e> i e,e ' f^ r V oder Ist -^->|»»c 2 > C, so ist (^J positiv und grösser als c\ also ^- reell. Ist letzteres selbst positiv, so wird r wachsen, bis -^- = £m.c 2 , dann dr wird unendlich gross. Dasselbe wird geschehen, wenn im Anfange C~> \ m.c und ^ negativ ist. Dies könnte also schon im einfachsten denkbaren Falle, bei der Bewegung zweier isolirter elektrischer Theilchen geschehen. Die Resultate unseres fünften Paragraphen zeigen, dass dasselbe auch bei wirklich ausführbaren Versuchen müsste vorkommen können, wenn das Webersche Gesetz in Wirklichkeit das Grundgesetz der elektrischen Fernwirkungen wäre*). Im sechsten Paragraphen folgt dann eine Untersuchung darüber, ob und bei was für Versuchen ein wahrnehmbarer Einfluss der neu eingeführten Constante k etwa erwartet werden könne. Bilden wir die Gleichungen für eine radial von einem Centrum in einem unendlich ausgedehnten leitenden Medium sich ausbreitende elektrische Bewegung, so zeigt sich, dass sich in einem solchen Falle die Elek',ricität in longitudinalen Wellen ausbreiten kann, die aber je nach der Schwingungsdauer und dem Leitungswiderstand des Medium *) Das Potential zweier elektrischer Theilchen ist nach Weber e.e? r. 1 /drVl Fügte man diesem Ausdrucke noch ein Glied hinzu, nämlich i + k e.e> dV 2 ' c* "W> so würde man das in Gleichung (1.) §. I gegebene Potential zweier Stromelemente erhalten, und wenn k positiv, stabiles Gleichgewicht der Elektricität. Diese Annahme d 3 r würde aber in den Ausdruck der Kraft ein Glied mit -^j- bringen, und ich wage deshalb keineswegs sie zu empfehlen. Heimholte, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 65 einem verschiedenen Grade von Dämpfung unterworfen sind. Ist die Dämpfung gering, so ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit solcher longitudinalen Wellen 1 i nach unserer Bezeichnung gleich ^pp wobei der Factor -j nach Herrn Webers Bezeichnung gleich ist, welche letztere Grösse, wie schon Herr Kirchhoff gefunden hat, der Lichtgeschwindigkeit ausserordentlich nahe gleich ist und als Fortpflanzungsgeschwindigkeit der elektrischen Wellen in einem sehr gut leiten- den Drahte von ihm nachgewiesen wurde. Nach Herrn Maxweih Annahme ä=0 würde die Fortpflanzungsgeschwin- digkeit der longitudinalen elektrischen Wellen in einem Leiter unendlich gross werden, das heisst, die strömende Elektricität würde sich wie ein incompressibles Fluidum verhalten. Es bringt diese Annahme eine sehr beträchtliche Ver- einfachung der analytischen Schwierigkeiten hervor, die bei den hierher ge- hörigen Aufgaben vorliegen, weil bei diesem Werthe von k nie freie Elektricität in das Innere eines homogenen Leiters eintritt, wenn sie nicht von Anfang an darin vorhanden war. Es wird dabei eine der Grundgleichungen der Aufgabe ((IL), beziehlich' (H".J des §. 3) frei von dem Differentialquotienten nach der Zeit, also ihre Integration nach der Zeit unnöthig. Nach Herrn F. E. Neummns Annahme k — \ , wird die Fortpflanzungsge- schwindigkeit der Longitudinalwellen gleich der des Lichtes. Wäre k eine nicht sehr grosse positive Zahl, so würde die genannte Fortpflanzungsge- schwindigkeit doch zu der des Lichtes immer noch in einem endlichen Ver- hältniss stehen. Nach Fouriers Satz kann man sich jede elektrische Bewegung zerlegt denken in eine Summe superponirter einfacher Oscillationen. So lange nun die Wellenlängen der Longitudinalwellen der mit den gegebenen Beobachtungsmitteln wahrzunehmenden Oscillationen so gross sind , dass die Dimensionen der leitenden Körper dagegen verschwinden, so lange kann auch die Bewegung keinen merklichen Einfluss der Constante k zeigen, und kann, selbst wenn k von Null verschieden ist, mit hinreichender Annäherung ge- funden werden, auch wenn wir zur Erleichterung der Bechnung k=0 setzen.. Der einzige praktisch vorkommende Fall eines Leiters von sehr er- heblicher Erstreckung, wenigstens nach einer Bichtung hin, ist der eines langen; Drahtes. Ich habe deshalb im siebenten Paragraphen den Ablauf elektrischer Wellen in einem unendlichen Cylinder von kreisförmiger Basis so weit unter- sucht, als für den vorliegenden Zweck nöthig war. Ist die Wellenlänge sehr gross gegen den Durchmesser, so afficirt die Constante k erst die kleinen. Journal für Mathematik Bd. LXXII. Heft 1. 9 66 Helmhollz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. Glieder höherer Ordnung. Die der ersten Ordnung finden sich übereinstimmend, wie in Herrn Kirchhofs Analyse. Es geht daraus hervor, dass wir Uns bei den elektrischen Versuchen der von der Constante k abhängigen Geschwindigkeit der elektrischen Longi- tudinalwellen gegenüber in einer ähnlichen Lage befinden, wie in der Optik der Lichtgeschwindigkeit gegenüber. Bei unseren Laboratoriumsversuchen werden wir nicht leicht in die Lage kommen, die eine oder die andere be- rücksichtigen zu müssen, oder ihren Werth bestimmen zu können, wenn wir nicht Mittel anwenden, ganz ungewöhnlich feine Zeitunterschiede wahrnehmbar zu machen, wie dies für die physikalische Messung der Lichtgeschwindigkeit geschehen ist. In den bisher besprochenen ersten sieben Paragraphen der vorliegenden Arbeit sind die elektrostatischen und elektrodynamischen Wirkungen als reine Wirkungen in die Ferne behandelt worden, welche die zwischen liegenden isolirenden Medien nicht afficiren und von ihnen nicht afficirt werden; es war dies, bisher wenigstens, die geläufige Betrachtungsweise der meisten mathe- matischen Physiker, wenigstens des Continents. Indessen wissen wir jetzt, namentlich durch Faradays Entdeckungen, dass bei weitem die meisten körper- lichen Medien magnetisirbar sind, und dass ein der magnetischen Polarisation ähnlicher Zustand von dielektrischer Polarisation in den elektrischen Isolatoren vorkommt. Die einfachste Theorie des Diamagnelismus wird gewonnen, wenn wir auch den den Weltraum füllenden Lichtäther als magnetisirbar voraussetzen, und ist dies einmal angenommen, so liegt es nicht fern, ihn auch als Die- lektricum, in Faradays Sinne, zu betrachten. Für die Wirkungen ruhender oder langsam bewegter Elektricität, ruhender oder langsam bewegter Magnetismen ergiebt eine solche Hypothese, welche das den Weltraum füllende Medium selbst als dielektrisch und magnetisirbar betrachtet, durchaus dieselben Resultate, wie die, welche den Raum als absolut wirkungslos ansieht. Faradays Theorie freilich, welcher Herr Cl. Maxwell in dem oben citirten Aufsatze ihren mathematischen Ausdruck gegeben hat, geht weiter, indem sie die Fern- kräfte ganz leugnet, und dafür nur die durch contiguirlich fortschreitende Pola- risation des Medium fortgepflanzten Wirkungen setzt. Beide Theorien sind einander in gewissem Sinne entgegengesetzt, da nach der von Poisson aar- gegangenen Theorie der magnetischen Induction, welcher! die Theorie der dielektrischen Polarisation der Isolatoren ganz entsprechend durchgeführt werden kann, die Fernwirkung durch die Polarisation verkleinert, nach Herrn Maxweih Heimholte, über die Bewegungsgleichungen der Eleklricität. 67 Theorie dagegen die Fernwirkung durch die Polarisation des Medium gerade- zu ersetzt wird. Aus Herrn Maxweih Theorie hat sich nun das merkwürdige Resultat ergeben, dass elektrische Störungen in isolirenden Dielektricis sich in Trans-*- versalwellen verbreiten, für deren Fortpflanzungsgeschwindigkeit sich im Luft- räume die Grösse -j-, das heisst die Lichtgeschwindigkeit, ergiebt. Bei der hervorragenden Bedeutung, welche dieses Resultat für die weitere Entwickelung der Physik haben könnte, und da die Frage über die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der elektrischen Wirkungen in neuerer Zeit mehrfach angeregt worden ist, schien es mir wichtig, auch noch zu unter- suchen, was das von mir verallgemeinerte Inductionsgesetz für den Fall er- gebe, dass magnetisirbare und dielektrisch polarisirbare Medien vorhanden seien. Dies ist im achten Paragraphen geschehen. Diese Untersuchung ergiebt Folgendes: 1) In dielektrischen Isolatoren, selbst wenn sie nicht magnetisirbar sind, können sich elektrische Bewegungen in transversal und longitudinal oscil- lirenden Wellen fortpflanzen. 2) Die Geschwindigkeit der transversalen Wellen im Luftraum (be- ziehlich Weltraum) ergiebt sich in der Rechnung als desto geringer, je grösser seine dielektrische Polarisirungsfähigkeit angenommen wird. Ist diese Null, so ist die genannte Geschwindigkeit unendlich; ist die Polarisirungsfähigkeit sehr gross, so findet man die Geschwindigkeit der transversalen Wellen, wie bei Herrn Maxwell, gleich der Lichtgeschwindigkeit. 3) Die Geschwindigkeit der longitudinalen Wellen im Lufträume findet sich gleich dem Product aus der der transversalen Wellen mit dem Factor und einer von der magnetischen Beschaffenheit des Luftraums abhängigen Constanten. In Herrn Maxweih Theorie ist die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der longitudinalen elektrischen Wellen als unendlich vorausgesetzt, was dem Werthe A=0 entspricht; das heisst, longitudinale Wellen kommen gar nicht zu Stande. 4) Die Geschwindigkeit der transversalen und der elektrischen longi- tudinalen Wellen in andern Isolatoren wird desto kleiner, je mehr ihre elektrische und magnetische Polarisirbarkeit die des Luftraums übertrifft. In den Leitern der Eleklricität pflanzen sich die Wellen unter allmäliger Schwächung durch Absorption fort. Für die Transversalwellen stimmt auch dies mit Herrn Maxweih Theorie. 5) Wenn der Isolator, in welchem sich transversale elektrische Wellen 68 Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. fortpflanzen magnetisch polarisirbar ist, und die elektrischen Oscillationen parallel einer durch die Fortpflanzungsrichtung gelegten Ebene geschehen, so finden magnetische transversale Oscillationen senkrecht zu dieser Ebene statt, die mit derselben Geschwindigkeit fortgepflanzt werden. Für magnetische longitudinale Oscillationen ergiebt sich in solchen Medien unendliche Fort- pflanzungsgeschwindigkeit. Es ergiebt sich also aus diesen Untersuchungen, dass die merkwürdige Analogie zwischen den Bewegungen der Elektricität in einem Dielektricum und denen des Lichtäthers *) nicht von der besonderen Form von Herrn Maxweih Hypothesen abhängt, sondern sich in wesentlich ähnlicher Weise auch ergiebt, wenn wir die ältere Ansicht über die elektrischen Fernwirkungen beibehalten. Zu der bisher nicht bestimmbaren Constanten k unserer Untersuchungen kommt also noch eine zweite, nämlich die aus den bisherigen Versuchen eben- falls nicht bestimmbare dielektrische Constante des Luftraums, oder die Fort- pflanzungsgeschwindigkeit der elektrischen Transversalwellen im Lufträume. 8.1.. Die allgemeinere Form des Inductionsgesetzes. Das von Herrn F. E. Neumann aufgestellte Inductionsgesetz für die Ströme, welche durch Bewegung von Magneten oder von Leitern constanter geschlossener Ströme inducirt werden, ist der unmittelbare Ausdruck der Er- fahrung, wonach die durch Bewegung inducirten Ströme dieser Bewegung immer entgegenwirken, und wonach die elektromotorische Gesammtkraft des durch eine gewisse Bewegung erzeugten Integralstroms unabhängig von der Schnelligkeit dieser Bewegung ist. Um den mathematischen Ausdruck hierfür zu geben, mussten *) Diese Analogie ist noch in einer andern sehr wichtigen Beziehung vorhanden, 'welche Herr Maxwell nicht berührt hat. Man hat den mechanischen Zustand des Licht- äthers in durchsichtigen Medien bisher dem der festen elastischen Körper gleich ge- setzt. Diese Annahme ergiebt aber für die Grenze zweier durchsichtiger Medien andere Grenzbedingungen, als man braucht, um die Refraction und Reflexion des Lichts an dieser Grenze zu erklären, so dass hier in der theoretischen Optik ein un- gelöster Widerspruch bestanden hat. Die Theorie . der elektrischen Oscillationen (Glei- chungen (20°.) bis (2a die Potentiale der Kreise s und o auf sich selbst, P Si „ das Potential der beiden auf einander, alle für die Stromeinheit in s und o berechnet. Die Grösse P Si „.i.j ist also nach ihrer ursprünglich von Herrn F. E* Neumann ihr gegebenen Bedeutung die Grösse mechanischer Arbeit, welche bei constanten Strömen die beiden Leiter leisten können, wenn sie in unend- liche Entfernung von einander gebracht werden. Ihre negativen Differential- quotienten, für irgend eine Lagenänderung genommen, sind die elektrodynami- schen Kräfte, welche diese Lagenänderung hervorzubringen streben. Dasa für geschlossene Ströme diese Kräfte auf ein Potential zurückgeführt werden können, ist durch die Ergebnisse der Versuche erwiesen. Für ungeschlossene Ströme könnte dies zweifelhaft erscheinen. Eben deshalb ist es wichtig, dass die Grösse — P J)8 . i .j noch die zweite von den Bewegungen der Stromleiter unabhängige Bedeutung hat. Sie ist derjenige Theil des vorhandenen Arbeitsäquivalentes, der von dem gleichzeitigen Vorhandensein der beiden Ströme i und j herrührt. Eine Function dieser Art muss offenbar auch für eine einzelne oder zwei neben einander bestehende ungeschlossene Strömungen existiren. Es muss sich der Werth des Arbeits- äquivalents ihrer elektrischen Bewegung angeben lassen. Wenn wir mit D„ und D a die Elemente der Länge zweier linearen Leiter s und a bezeichnen, mit {D s , D g ) den Winkel, welchen die Richtungen beider mit einander machen, mit r ihre Entfernung, mü i die Intensität des Stromes in *, mit j die in o, so ist nach Herrn F. E. Neumann das Potential der 72 Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. beiden Stromelemente auf einander gleich —A.t.j ■■ Darin ist A 2 eine Conslante, deren Grösse von dem zur Messung der Strom- stärke gebrauchten Maasse abhängt. Herr Neumann hat Amp&res elektrody- namische Stromeinheiten gebraucht, und demzufolge A 2 = £ gesetzt. Wir wollen im Folgenden elektrostatisches Strommaass gebrauchen, das heisst als Einheit der Stromstärke diejenige ansehen, wobei die gesammte Quantität Elektricität (algebraisch summirt), welche durch einen Querschnitt des Leiters in der Zeiteinheit fliesst, gleich Eins ist*). Als Einheit der Elektricität be- zeichnen wir mit Garns diejenige, welche ruhend in der Einheit der Entfernung die gleiche ruhende Masse mit der Einheit der Kraft abstösst. Dann ist nach den Messungen der Herren W. Weber und R. Kohlrausch zu setzen oder -j ist eine Geschwindigkeit von 41928 geographischen Meilen in der Secunde, eine Geschwindigkeit, welche der des Lichtes gleich kommt. Der obige Ausdruck für das Potential zweier Stromelemente, sowie auch der von Ampere für die Anziehungskraft zweier Stromelemente gegebene Ausdruck, aus dem jener Werth des Potentials abgeleitet wurde, ist selbst hergeleitet aus und geprüft worden an Beobachtungsthatsachen , welche sich auf geschlossene Ströme beziehen **). Er ist aber bisher nicht durch die Erfahrung als gültig erwiesen für solche Ströme, welche nicht als ein System überall geschlossener Stromcurven angesehen werden können, deren jede ein- zelne in ihrer ganzen Länge constante Intensität hat, und in der That ergeben die Theorien der Herren W. Weber und Gl. Maxwell andere abweichende Ausdrücke für das Potential zweier Stromelemente, obgleich ihre Ergebnisse für alle elektrodynamischen und inducirenden Wirkungen geschlossener Ströme durchaus mit der Neumannschen Theorie zusammenstimmen. *) Diese Bestimmung ist übereinstimmend mit derjenigen, welche die Commission der British Association für Bestimmung des Widerstandsmaaaaes gewählt hat Herrn W. Webers mechanische Stromeinheit ist doppelt so gross, weil er verlangt, dass die Einheit der positiven Elektricität allein genommen, in der Zeiteinheit den Querschnitt durchfliesse. **) Ströme mit Gleitstellen können immer als geschlossene Ströme von veränder- licher Form betrachtet werden. Entladungsströme von Leydener Flaschen sind bis- her auf die elektrodynamischen "Wirkungen der Unterbrechungsstelle zwischen den beiden Belegen nicht untersucht worden. 4- = 310740. 10 6 Millimeter Secunden ' 1 Heimholt*, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 73 Wir haben zunächst zu untersuchen, welches die allgemeinste Form des Ausdrucks für das Potential der einzelnen Stromelemente sei, die in allen den Fällen, wo einer der Ströme geschlossen ist, den gleichen Werth, wie die Neumannsche Formel ergiebt. Zu dem Ende stellen wir folgende Ueber- legung an. Es gehe der Stromleiter * vom Punkte a zum Punkte b, und der in ihm fliessende Strom habe die Intensität i, ferner gehe der Stromleiter er vom Punkte c zum Punkte d, und der Strom in ihm habe die Intensität j. Es sei Q der wirkliche Werth des Potentials dieser beiden Stromleiter und P der nach Neumanns Formel berechnete Werth. Wenn wir nun statt des Strom- leiters * einen andern s t mit denselben Endpunkten setzen, und in ihm die- selbe Stromintensität i von a nach b fliessen lassen, mögen die entsprechenden Werthe von Q und von P beziehlich mit Q t und P x bezeichnet werden. Lassen wir nun die beiden Stromleiter * und zugleich bestehen, aber so, dass die Stromintensität in letzterem gleich — i gemacht wird, und daher sein Potential auf a den negativen Werth — Q t erhält, so bilden i in * und — i in s t einen geschlossenen Strom, dessen Poiential Q — Qi ist. Dieses ist aber auch durch die Nenmannsche Form vollständig gegeben, also: Q-Qt = P-P t . Setzen wir also Q = P+F, so ist auch c + F a>c , wo jede dieser rechts stehenden Functionen nur von der Lage der durch die Indices bezeichneten Punkte abhängt. Die einzige Raumgrösse, welche durch zwei Punkte vollständig be- stimmt ist, ist deren Entfernung; also müssen F M etc. Functionen der Ent- fernungen r b>d etc. sein. Von andern Raumgrössen können sie nicht abhängen, wohl aber können sie noch beliebige Functionen der Intensitäten i und j sein. Reduciren wir nun die beiden Stromleiter s und o auf zwei verschwin- dend kleine Elemente Ds und Da, und verstehen wir unter F irgend eine Function der Entfernung r dieser Elemente und der Intensitäten i und j, so wird F„,u-F a>d -F 6iC +F a!C . = JlLj.-Ds.Do. Dies ist also die allgemeinste Form der Ergänzung, welche dem Neumamschen Ausdrucke des Potentials zweier Stromelemente gegeben werden kann, ohne dass dadurch die Gesammtwirkung eines geschlossenen Stroms auf einen be- liebig beschaffenen anderen Strom geändert wird. Ich erlaube mir im Folgenden die Form der Function F durch die schon in der Einleitung erwähnten Hypothesen zu beschränken, welche sich auf die Analogie der sämmtlichen bisher bekannten Fälle elektrischer Wir- kungen stützen. Erstens setze ich die in der Function F zusammengefassten Wirkungen den Intensitäten i und j direct proportional. Zweitens setze ich voraus, dass die Abhängigkeit von der Entfernung in diesem Falle dieselbe ist, wie bei allen anderen elektrischen Fernwirkungen, die sich von einem Massenelement gleichmässig nach allen Richtungen ausbreiten; dass nämlich die Potentialfunction proportional die Kräfte proportional -4- sind, r Nach diesen beiden Hypothesen haben wir zu setzen d*F _ ß . . d'r ds.da ' t '^'ds.da' > wo B eine Constante bezeichnet. Bezeichnen wir die Coordinaten von Ds und Da bezieblich mit y> *) positiv gerechnete Richtung von r mit den Richtungen der Elemente Ds und Da macht. Weiter erhalten wir durch nochmalige Differentiirung : ds.da Ds.Do = - -1 {Dx . D£ + Dy . Drj + Ds . Dg) + -j cos (r, 1?*) . cos (r, Da) Ds . Da oder = 7" [ cos faDa). cos (r,Do)- cos (Ds.Do)]. Es hat also der oben gegebene Werth von ^ rfg wirklich dieselbe Art der Abhängigkeit von r, wie andere elektrische Potentialfunctionen. Dagegen wäre, wie man sich leicht überzeugt, keine andere Function von r, als allein F=B.i.j.r, im Stande den in den obigen beiden Hypothesen gestellten Anforde- rungen zu genügen. Was die Annahme insbesondere betrifft, dass die Function F den In- tensitäten i und j direct proportional sei, so werden wir es im Folgenden mit Gleichungen zu thun haben , in denen die Stromintensitäten nur linear vorkommen. Sollte also die Abhängigkeit der Function F von i eine solche sein, dass sie nach Potenzen von i entwickelt höhere Potenzen dieser Grösse eintreten Hesse, als die erste, — worauf bisher aber noch keine Erfahrungstat- sache hindeutet, — so würden immerhin unsere Gleichungen noch für Strömungen von einer gewissen geringeren Intensität ihre Geltung behalten. Dasselbe würde, wie schon erwähnt, der Fall sein, wenn nach einer von Herrn W. Weber aufgestellten Hypothese, die Fernwirkungen nicht bloss von der Intensität, sondern auch vom Product der Intensität und der Dichtigkeit der freien Elekiricität abhängen sollten, eine Hypothese, die übrigens ebenfall» noch durch keine Erfahrungstatsache unterstützt wird. ä :. . In den von uns zu behandelnden Fällen wenigstens würde die Dichtigkeit im Innern der Leiter bei verschwindend kleinen Stromintensitäten immer; seihst 10* 76 Helmholta, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. eine verschwindend kleine Grösse derselben Ordnung sein, und also das Pro- duct beider zu vernachlässigen. Beide Möglichkeiten würden also nur die Breite der Anwendbarkeit unserer Folgerungen für stärkere Ströme beschränken, ohne ihre Richtigkeit für schwache Ströme aufzuheben. Ich setze jetzt, um den von uns zu brauchenden verallgemeinerten Ausdruck des elektrodynamischen Potentials zweier Elemente auf die zweck- mässigste Form zu bringen, die oben gebrauchte Constante B = -i^ Ä, worin k eine neue Constante bezeichnet. Dann wird das Potential zweier Stromelemente gleich dem Ausdrucke: (1.) -\J* -±L [(1 +£) . cos {Ds, Da )+( 1-k). cos (r, Ds) . cos (r, Da)]Ds.Do. §•2. Umformung der Ausdrücke des Potentials für continuirlich im Räume verbreitete Strömungen. Ich bezeichne mit u, v, w die Componenten der elektrischen Strömung in Richtung der positiven rechtwinkligen Coordinaten x, y, z im Innern eines continuirlich durchströmten Körpers, und die Werlhe des elektrodynamischen Potentials, welches die sämmtlichen vorhandenen Ströme in Bezug auf die Stromcomponenten u, v, w im Volumenelemente dx . dy . dz hervorbringen, der Reihe nach mit — 'Ar. U.u .dx.dy.dz, — A 2 . V.v .dx.dy.dz, — A . W. v> .dx.dy . dz. Der Werth von U ist nach dem in Gleichung (1.) festgestellten Werthe des Potentials je zweier einzelner Stromelemente Unter dem Integralzeichen sind n, v, w als Functionen von £, tj, £ zu nehmen, und die Integration ist entweder über den ganzen Raum, oder wenigstens über alle Stellen des Raumes auszudehnen, in denen elektrische Strömungen oder Bewegungen elektrisirter Massen vorkommen. Heimholt*, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 77 Die Werthe von V und FT erhalten wir, wenn wir in (1°.) vertauschen U, u, x, | mit V, v, y, r\ oder mit W, w, a, £. Der Werth von U lässt sich auch in folgender Form schreiben: Bezeichnen wir mit folgenden Ausdruck so können wir, vorausgesetzt, dass ¥ einen endlichen Werth hat, die Werthe von U, V und W in folgender Form geben : dt* In dem Ausdrucke (1'.) für ¥ sind die Grössen ächte Brüche, und ?P ist jedenfalls endlich, wenn, wie im Folgenden mit Ausnahme von §. 7 immer angenommen werden wird , nur endliche elektrische Massen mit endlicher Geschwindigkeit bewegt werden, und diese sich alle in endlicher Entfernung von einander befinden, so dass jenseits eines gewissen Abstandes (l e .) u = v = u> — 0. Um die Continuität der Functionen ¥, U, V und W, so wie ihrer Differentialquotienten festzustellen, beziehlich die Ausnahmefälle zu finden, nehmen wir hierzu noch die Gleichungen, welche die Constanz der Quantität der Elektricität ausdrücken. Bezeichnen wir mit q> die Potentialfunction der freien Elektricität, so ist im Innern eines Raumes, in welchem die Elektricität endliche Dichtigkeit hat, die Abnahme dieser Dichtigkeit für die Zeiteinheit gleich ,a\ t dj(f du . dt> du> W 4« dt ~ dx* dy^ du ' worin das Zeichen J die Operation bezeichnet • h: ' ' " '. ' , d* ; d* '". d' ' ; 78 Heimholt*, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. Und an einer mit Elektricität belegten Fläche £1 mag N die Normale der Fläche bezeichnen, a, b, c die Winkel, welche ihre Richtung mit den positiven Axenrichtungen der x, y, z bildet, d£2 das Flächenelement; (p, u, , w mögen Werthe dieser Functionen bezeichnen an der Seite der Fläche, die der negativen Richtung der Normale zugekehrt ist, dagegen (p t , « n » x und mj x die Werthe an der Seite der Fläche, wo die positive Richtung der Normale hinzeigt. Dann ist die Zunahme der Elektricitätsmenge auf der Flächeneinheit gleich ^ ^[dTk-dl%] = (Mi) cos a + cos b + (»-«,) cos c . Wenn man nun mit Benutzung von (2.) und (2 a .) die Gleichung (1'.) partiell integrirt, so erhält man oder auch, wenn man die freie Elektricität mit E bezeichnet, Die Integrale, welche bei der Bildung von (2 6 .) sich auf die unendlich entfernte Grenzfläche des Raumes beziehen, müssen nach der bei (l e .) ge- machten Annahme gleich Null werden, und sind deshalb weggelassen. Durch Benutzung des Greenschen Satzes ergiebt sich ferner, dass, wenn nirgends discontinuirlich ist, das heisst, wenn nirgends elektromotorische Flächen von veränderlicher Kraft vorkommen, der in (2*.) angegebene Werth von W gleich sei Auch hier können wieder die auf die unendlich entfernte Grenzfläche des Raumes bezüglichen Integrale weggelassen werden, unter Voraussetzung, dass daselbst keine grösseren Glieder enthält, als solche von der Form „ coaa wo a der Winkel ist, den die Linie r mit irgend einer festen geraden Linie bildet, und B eine Constante. Die gemachte Voraussetzung wird immer zu- treffen, wenn alle zu berücksichtigenden elektrischen Bewegungen nur in end- licher Entfernung von der untersuchten Stelle vor sich gehen. Heimholt*, über die Bewegungsgleichungen, der Elektricität. 79 Da nun Ar = — , r so folgt: (2 d .) Und ^ dt Die Function !F ist also analytisch darstellbar als die Potentialfunction einer mit der Dichtigkeit — ^-""jjjf ausgebreiteten Masse. Da nun jedenfalls nicht an einer Fläche unendlich wird, so ist W überall stetig, ebenso seine dW dW Differentialquotienten ; beide mit eventueller Ausnahme solcher Punkte, in denen ~- unendlich wird. ' dt Demgemäss sind die oben in (l d .) gegebenen Werthe von U, V, W jedenfalls überall stetig, mit Ausnahme solcher Punkte, wo die elektrische Strömung unendlich wird. Es ergiebt sich ferner aus (2 d .) durch Differentiation nach x dW i f d

, w definirenden Gleichungen (3.) vorgeschrieben ist. Die Gleichung (2.) erhält man, wenn man die Gleichungen (II.) und (IP.) der Operation J unterwirft, und die Werthe von etc. aus (3.) bildet. Die Gleichung (2".), welche an Flächen £2 gilt, erhält man durch fol- gende Betrachtungen. Wenn W eine Function ist, die auf beiden Seiten der Fläche £2 gleiche Werthe hat, W = F t , dff d*¥ aber -rrr von -jrf verschieden ist, so ist, wie leicht zu sehen, dN dN •> ■> cos b, dx dN d^-%) dij dN dCW-WJ dz dN cosc, wo a, b, c wie früher die Winkel sind, welche die Normale IV mit den Co— ordinatenaxen macht. Da 4— » 4~ •> ~r~ auf beiden Seiten der Fläche £2 dx* dy ' dz nicht verschieden sind, so ist dx.dy ~ dN \ dy i° 0Sa > cosb, .dy dN t dy d^U-U,) _ _d_ | d(U-U,-) dy.dy dN \ dy und daraus folgt: — , , cos6 v , , cos« = 0. dx.dy dy Daraus folgt weiter, dass, wenn man die Werthe von —■ und ^~ aus den Glei- chungen (II.) entnimmt, 11* 84 Helmholtz, über die Beicegungsgleichungen der Elektricität. +aa .[j ( w-w,)+t^=^-] = o, und wenn man hierin für JU, 4U X u. s. w. die Werthe setzt aus (3.) und (F.), so folgt die Gleichung (2°.). Endlich ist noch zu erweisen, dass die Functionen 17, V, W der Glei- chungen (I.) bis (V.), wenn man vermöge der Gleichungen (3.) die Ge- schwindigkeiten u } v, w einführt, gleich den in (l a .) und gemäss (1".) gebilde- ten Werthen dieser Grössen sind. Dies geht daraus hervor, dass eine Function, die überall endlich und stetig ist, deren DifiFerentialquotienten ebenfalls überall endlich und stetig sind, und die in unendlicher Entfernung gleich Null ist, wie dies die Gleichungen (III.), (IV.), (V.) von U, V, W aussagen, nach den be- kannten Sätzen über Potentialfunctionen dargestellt werden kann in der Form Setzt man nun statt JU die in (3.) und (I™.) gegebenen Werthe, so erhält man Gleichungen von der Form (1"*.), wo der Werth von etc. zunächst in der Form von (2 C .) gegeben ist. Die Transformationen aber des Werthes von W, welche uns von der Form (l c .) zu (2 e .) geführt haben, und welche auf partiellen Integrationen beruhten, kann man alle rückwärts machen, und kommt so auf die Gleichungen (l d .) und (1".), die nur eine andere Schreib- weise von (1".) sind. Es ist in diesen Entwickelungen keine Rücksicht genommen auf das Vorkommen elektromotorischer (hydroelektrischer oder thermoelektrischer) Molecularprocesse. Haben diese constante Kraft, so geben sie einfach einen den übrigen Strömen superponirten constanten Strom. Haben sie aber inconstante Kraft, so lassen sich die Umformungen der Function W nicht immer so aus- führen, wie oben geschehen. Die in der Einleitung erwähnte Analogie zwischen den Bewegungen der Elektricität in einem Leiter und denen eines Gases zeigt sich in folgender Weise. Es sei p der Drück, (> die Dichtigkeit, u, v, w die Componenten der Strömungsgeschwindigkeit; letztere seien so klein, p und q so wenig von den Werthen p 0 und p 0 in der ruhenden Flüssigkeit unterschieden, dass die Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektrizität. 85 Glieder zweiter Dimension der Grössen (p— p„), (p— p„) vernachlässigt werden können. Dann sind die Bcwegungsgleichungen eines reibenden Gases, auf dessen Inneres keine äusseren Kräfte wirken: 1 dp du . d (du dv dw\ ~J'd^ ~ ^~> Ll * U ~ V l&\fa + ~dli + faJ> \ dp de . d (du dv .dw\ q dy ~ dt " dy \ k > 0 ist. Die Geschwindigkeiten der Flüssigkeit entsprechen aber hierbei, wie man sieht, nicht den Geschwindigkeiten der Elektricität, sondern den elektromotori- schen Kräften. Die Geschwindigkeiten der Elektricität wären vielmehr den durch die Reibung hervorgebrachten Bewegungskräften proportional. Die Grenzbedingungen freilich sind abweichend; indessen giebt eine solche Vergleichung immerhin einen Anhalt für die Vorstellung. §4. Eindeutigkeit der Lösungen und Stabilität des Gleichgewichts. Bezeichnen wir mit

0 , welcher den elektrodynamischen, und welcher den elektrostatischen Wirkungen entspricht. Die ganze Grösse dieser Arbeit ist (4.) # = + (4«.) = \A i f{Uu+Vv+Ww)dx.dy.dz, Durch partielle Integration ist dieser letztere Werth, wie bekannt, auf die Form zu bringen und ist also nothwendig positiv. In dem Werthe von 0 ersetzen wir zunächst u, v, w durch die Werthe dieser Grössen in (3.) und (F.) und erhalten „ = _ *Lf\ U. JU+ V. J V+ W . J W Wenn man hier partiell integrirt mit Berücksichtigung der Gleichungen (III.), (IV.) und (V.), so erhält man Hierin bezeichnet U m irgend eine von den Grössen U, V, W } und x„ irgend eine von den Coordinaten x, y, z. Wenn man berücksichtigt, wie sich aus (III.) und (IV.) durch partielle Integration ergiebt, dass f/dV dV dU dV\, , . n I \—j 3 j j—)dx.dy.d& = 0, J \ dy dx dx dy / 9 1 so verwandelt sich der letzte Ausdruck in (*•) *. - £/K<£-£)']+*(4P)>-*-*- Durch die in (4 C .) und (4 d .) gegebenen Werthe von * x und ergiebt sich, dass beide nothwendig positiv sind, wenn k einen positiven Werth hat, oder gleich Null ist. Wenn aber k einen negativen Werth hat, so kann das Ar- beitsäquivalent der elektrischen Bewegung negativ, also kleiner als im Gleich- Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 87 gewichtszustand werden. Es wäre alsdann der Zustand der Ruhe nicht ein Minimum der Arbeit, also das Gleichgewicht in diesem Zustande nicht stabil. Der Unterschied im Verlauf der Störungen des Gleichgewichtszustandes, je nachdem k positiv oder negativ ist, zeigt sich noch bestimmter, wenn wir die Gleichung der lebendigen Kraft für die elektrischen Bewegungen aufstellen. Dieselbe wird uns auch dazu dienen, nachzuweisen, dass durch die Gleichungen (I.) bis (V.), wenn gleichzeitig der Anfangszustand gegeben ist, die elektrische Bewegung eindeutig bestimmt ist, vorausgesetzt, dass k > 0. Wenn nämlich zwei von einander verschiedene Lösungen der Glei- chungen (I.) bis (V.) existirten, und in der einen u 1 , v, w, 9 ; in der andern U", V", W", cp" die Werthe der in den Gleichungen vorkommenden Functionen wären, so würden auch ihre Unterschiede U'-U" = U, V— V" = V, W'-W"=W, „ ist leicht ersichtlich, dass Ferner ergiebt sich aus (4'.) leicht d& l 1 /'T dcp d*cp d(f d*(f d(p d %

und wenn wir hierin die Grössen u, v, w mittels der Gleichungen (2.) und (2 a .) einführen, und partiell integriren, ergiebt sich -^r -A u -^+ v -^-+ w -^) dx - d y- dz - Da ausserhalb S nach Gleichung (5".) u, v, w überall Null sind, ist es einerlei, ob wir die Integration in diesem letzten Ausdruck nur auf den Raum S, oder auf den ganzen unendlichen Raum ausdehnen. Diese Umformungen zeigen, dass die Gleichungen (I.) bis (V.) der Forderung des Gesetzes von der Erhaltung der Kraft, wie sie in (5 a .) aufge- gestellt ist, entsprechen. d Die Gleichung (5°.) zeigt, dass die Grösse nur einen negativen Werth haben kann, da das rechts stehende Integral eine Summe von lauter Quadraten ist, und y., der Widerstand, jedenfalls positiv. A. Wenn #^>0 ist, ist nothwendig immer positiv, und kann nicht kleiner als Null werden. Ist es also in irgend einem Augenblicke der Be- wegung gleich Null, so muss es von da ab fortdauernd gleich Null sein. Da- mit * aber Null sei, müssen alle die positiven Quadrate, deren Summe es ist, gleich Null sein, also entsprechend (4.), (4 C .) und (4 J .) dcp _ d(f _ dcp _ q dx ~~ dy ~ dz ~~ ' was, da cp im Unendlichen gleich Null sein muss, nur geschehen kann, wenn im ganzen Räume cp = 0, d. h. wenn gar keine freie Elektricität existirt. Helmhollz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 89 Ferner, wenn wir (4 d .) gleich Null setzen, ergiebt sich dU = dV dV = dW dW dU dy ~ dx ' dt> dy ' dx da ' JP dF dTf _ 0 da; dt/ dz Durch D ifferentiiren erhält man aus diesen Gleichungen : JU = JV=JW=0, und da ausserdem U, V, Wund ihre ersten Differentialquotienten nirgends unstetig sein sollen, so folgt, dass im ganzen Räume u= v= w=o. Daraus folgt also entsprechend den Gleichungen (4 C .), dass, wenn im Anfang der Bewegung U'-U"=V'-V"= W'-W" = 0 und wenn für den Anfang der Bewegung die Werthe von U , V, W gegeben sind, so bestimmen die Gleichungen (I.) bis (V.) in Verbindung mit (3.) die Bewegung der Elektricität vollständig. Es folgt ferner daraus, dass, wenn wir für die Zeit tr zwei verschiedene analytische Ausdrücke der Bewegung haben, diese eine einzige continuirliche Bewegung darstellen, wenn zur Zeit t = % beide Aus- drucksformen überall im Räume gleiche Werthe von negativ machen, sind in sehr mannichfacher Weise möglich. Man braucht nur anzunehmen, dass in irgend einem Augen- blick keine freie Elektricität existire, also

für die Anfangszeit gegeben sind. Es kann sich nämlich zu der gegebenen Anfangsbewegung eine verschwindend kleine, labile Bewegung gesellen, welche nach Verlauf einer gewissen Zeit endliche Werthe erhält. Wohl aber kann auch für negative Werthe von k gezeigt werden, dass, wenn in zwei verschiedenen Integralen der Gleichungen (I.) bis (V.) sich die Grössen V, V, W, q> zu Anfang und zu Ende einer gewissen Zeit unendlich wenig von einander unterscheiden, die beiden Integrale auch während der ganzen Dauer dieser Zeit sich unendlich wenig von einander unterscheiden. Denn für ihre Differenz gilt Gleichung (5".), und ist fortdauernd negativ. Wenn also für ihre Differenz der Werth von zu Anfang und zu Ende der betreffenden Zeitperiode verschwindend klein ist, so muss er während der ganzen Dauer dieser Periode verschwindend klein gewesen sein. Wenn also auf einen elektrischen Leiter während einer gewissen end- lichen Zeit inducirende Kräfte einwirken, und ein Integral der entsprechenden Bewegung gefunden wird, welches die Werthe von U, V, W,

— -- 1- — S- Da alles um den Mittelpunkt der Kugel symmetrisch ist, werden auch die Werthe der elektromotorischen Kräfte U, V, W von der Form sein: («"•) r-T' w -%' und (p wird wie % und II nur eine Function von q und t sein. Da die Herren W. Weber und Lorberg die Annahme gemacht haben, die Elektricität könne auch träge Masse haben, so will ich diese Annahme in diesem Paragraphen ebenfalls recipiren, und den linken Seiten der Bewegungs- gleichungen (3*.) noch entsprechende Glieder hinzusetzen ; die träge Masse der elektrostattscten elektrischen Einheit werde mit ,u bezeichnet. Die Gleichungen (3*.) verschmelzen dann in eine Integralgleichung für das Innere der Kugel Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektrizität. 93 und die Gleichungen (3.) und (3 a .), die im ganzen Räume gelten, werden: (6 c .) jn = a-k) Die Gleichungen (6*.) und (6 C .) treten hier an Stelle von je drei Gleichungen, die durch Uifferentiirung nach x, y und z aus ihnen entstehen. Es ist beim Uebergang von den letzteren zu ihren beiden Integralgleichungen nicht nöthig, eine willkürliche Function der Zeit hinzuzufügen, da eine solche schon in II und % steckt, deren Differentialquotienten nach x, y } s genommen wir allein brauchen. Die letzten beiden Gleichungen ergeben noch, wenn sie von einander subtrahirt werden: (6-.) 4-4» Die Gleichung (6 d .) ergiebt ferner, dass II durch den ganzen Raum gleich der Potentialfunction der Dichtigkeit sei. Dadurch ist II ebenfalls bis auf eine willkürliche Function der Zeit, die keinen Einfluss auf die Lösung unserer Aufgabe hat, vollständig bestimmt, wenn gefunden ist. Zur Bestimmung von tp im Innern der Kugel ergiebt sich zunächst aus der Gleichung (6 6 .), wenn wir an ihr die Operation J ausführen, und die Werthe von II und % aus (ß d .) und (6 C .) Substituten : Im äussern Räume dagegen ist der Werth von

Z> R ist cp — - ^^"^ un d J?!|_ = 0. Was die Grenzbedingungen (IH.), (IV.), (V.) betrifft, so sind diese erfüllt, wen« II die Polentialfunctioö ven -t-'-tft-, und letztere Grösse überall con- 4« dt 1 tinuirlich ist Also die einzige Grenzbedingung ist, dass die aus der "Glei- chung (7.) gefundene Function cp für p = 3? sei 94 Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. Ich bemerke hier gleich, dass für den Fall k = 0, wenn wir mit e die Dichtigkeit der Elektricität bezeichnen, die Gleichung (7.) ergiebt: Werthe, welche neben der Grösse Ä^fll 1 in Betracht kämen, wenn 91 auch nur mit den Dimensionen gewöhnlich gebrauchter Draht- spiralen vergleichbar wäre, so müssten solche Spiralen, die zwei neben ein- ander laufende Fäden enthalten, einen merklichen Extracurrent auch dann geben, wenn beide Fäden in entgegengesetzter Richtung durchströmt werden. In diesem Falle würde es das durch die Grösse /u> gemessene Beharrungsver- mögen der Elektricität fast allein sein, was den Extracurrent in Gang erhielte. Jedenfalls ist aber der sa entstehende Extracurrent verschwindend klein gegen denjenigen, welcher bei gleich gerichteter Durchströmung solcher Doppelspiralen entsteht, und dessen Grösse von dem mit Ä* multiplicirten Potential der ganzen Spirale, auf sich selbst genommen, abhängt. Aus der Gleichung (8 a .) können wir ein vollständiges Integral der Gleichungen (7.} und (7*.) ableiten in der Form: (9.) Darin sind n a und n„ die beiden Werthe, welche Gleichung (8 6 .) für den be- treffenden Werth von o ergiebt, B t und S3„ aber sind willkürliche Coefficienten, welche so bestimmt werde» können, dass cp und ~- für t = 0 willkürlich gegebene Functionen von $ im Innern der Kugel werden W Falle, wo Wenn

von Null verschieden ist. Es können also zwei Bewegungen, für welche

und Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 97 überall die gleichen Werthe haben, und die beide nach Ablauf unend- U/t licher Zeit (p — Const., 4r = ° dt machen. Zu dem Ende müssen in der Reihe (9.) nur die Glieder bewahrt bleiben, welche hinreichend grosse Werthe von a enthalten, dass w a und it„ nur negative reelle Theile enthalten. Die Fälle, wo «„ oder n„ positive reelle Theile enthalten, werden wir erst am Schlüsse dieses Paragraphen besonders besprechen. Elektrische Eadialströme bei bestimmter äusserer Erregungsweise. Es sei X irgend eine Constante, für welche wir nur, um die Behand- lung von Ausnahmefällen zu umgehen, festsetzen, dass sin(Ä9£) nicht gleich Null sein soll. Es seien ferner v () und v t die Werthe von n aus der Gleichung (9«.) -X^n'+^n + l] = A\k.n\ und es werde gesetzt: so ist innerhalb der Kugel ( y 0

gleich Null sei. Das ist aber im vorliegenden Beispiele der Fall, da die in dem Werthe von tf> vor- kommenden Werthe von ~-, ~-, und eventualiter auch f M % , für t = 0 dg ' dt ' dt.dg' einerseits durch convergente Reihen gegeben sind, deren Werthe andrerseits mit den Werthen der Gleichungen (91) zusammenfallen. Dadurch ist also diejenige elektrische Bewegung in der Kugel gegeben, welche nach vorausgehendem Gleichgewichtszustande der Elektricität erregt wird, wenn von der Zeit t = 0 ab die äussere Kugelschicht eine solche Be- wegung ausführt, dass die elektrische Potentialfunction in dem Räume zwischen den beiden Kugeln die durch Gleichung (9 6 .) gegebene Function der Zeit wird. So oft entweder /x von Null verschieden ist, oder k positiv ist, wird es immer möglich sein, für A einen so hohen Werth zu nehmen, dass v 0 und Vi reelle negative Grössen sind, und also die Bewegung der äusseren Kugel eine vorübergehende ist. Dies werde im Folgenden immer angenommen. Da man übrigens beliebig viele verschiedene Bewegungen derselben Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 99 Art, die zu verschiedener Zeit anfangen und verschiedene Intensität haben, in der Kugel superponiren kann, so erhalten wir die Lösung einer allgemeineren Form der letztbehandelten Aufgabe, wenn wir mit % die elektrische Potential- funclion bezeichnen, die Bezeichnung (p f dagegen für die in den Gleichungen (9.) bis (9 f .) gegebene Function cp der Zeit beibehalten und setzen: (10.) fjf = J (p 0 -. K) .y T .dT+y'(p i1 _ T) .ip t .dt. 1 —so Darin ist unter ip T eine willkürliche Function von t verstanden, von der wir nur voraussetzen, dass das Integral J tp T .dt, zwischen welchen Grenzen man es auch nehme, immer endlich sei. Unter y (/ _ x) dagegen ist der constante Werth verstanden, den in den Gleichungen (9.) bis (9 f .) das

ist eine Summe von Theilen, die theils wie (~+C»>) in aller Zeit unverändert bleiben, und deshalb in der Gleichung (10.) auch nur eine Constante zum Werthe von §f hinzufügen, theils aber auch veränderlich sind. Zunächst wollen wir berechnen, welcher Art von Bewegung der äusseren Kugelfläche die in Gleichung (10.) dargestellte Bewegung der Elektricität an- gehört, und dazu den Werth von für den Raum zwischen dt und R be- M rechnen. Der veränderliche Theil von

d*E fWe,^ — 00 und indem wir diese Ausdrücke und (10 c .) entsprechend der Gleichung (10*.) zusammenfügen, erhalten wir: (10".) ^-(n+^-f+^.nE = r^.C.f^.dt. t Wenn wir also E als Function der Zeit als gegeben ansehen, so können wir mittels der letzten Gleichung daraus den entsprechenden Werth von ip her- leiten. Eine nochmalige Differentiation nach t gjebt diesen Werth nämlich unmittelbar. Die Function E ist nur der Bedingung unterworfen, dass sie dE d*E selbst, so wie und -^r- zu jeder Zeit endlich sein müssen, weil sie sonst nicht in Gestalt der oben gegebenen Integrale unzweideutig auszudrücken sind. Nun ist für die in Gleichung (10.) dargestellte Bewegung ~ß Co = E. M Folglich ist auch ~ eine bis auf die Endlichkeit der ersten beiden Differential- quotienten willkürliche Bewegung der Zeit, und die Gleichung (10.) stellt die elektrische Bewegung in der leitenden Kugel für jede beliebige Bewegung der äusseren elektrischen Schicht mit continuirlich sich ändernder Geschwin- digkeit dar. Ausgeschlossen sind jedoch, wie mehrfach hervorgehoben ist, die Fälle, wo fi = 0 und k negativ ist, in denen die Reihe (9 C .) nicht convergirt. Heimholte, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 101 Ist k positiv, so ist die Lösung die einzige mögliche, wie aus den Be- trachtungen des vorigen Paragraphen und den im Anfange des jetzigen dazu gegebenen Zusätzen hervorgeht. Wird von einer gewissen Zeit ab E constant, und also \p t = 0, so bleiben nur Bewegungen übrig, die die Zeit mit Factoren von negativen reellen Theilen in den Exponenten haben, und daher zum Gleich- gewichtszustand zurückkehren. Wenn dagegen k negativ ist, und fi einen positiven endlichen Werth hat, werden bei gewisser Grösse der leitenden Kugel eine Anzahl Exponenten « a , welche den unterhalb einer gewissen Grenze liegenden Werthen von a entsprechen, positiv sein, und schwellende Bewegungen darstellen, die nie zum Gleichgewicht zurückkehren. Das im Ausdruck für (p Gleichung (9.) vor- kommende Glied B a e n ^ giebt laut Gleichung (10.) im Werthe von $ ei" Glied B t e"* 1 J r \ T .e- n ' T .dT, u wenn /„ und t t die Grenzen bezeichnen, zwischen denen if> t von Null ver- schieden ist. Da y t innerhalb dieser Grenzen vollkommen willkürlich ist, wenn sein Integral nur endlich bleibt, so wird das Integral in dem letztge- nannten Ausdruck nicht nothwendig gleich Null sein, und diese Glieder, welche schwellende Bewegungen darstellen, werden im Werthe von % für Zeiten t > ti nicht zu fehlen brauchen. Es könnte nun fraglich erscheinen, ob der gefundene Werth von ^, der solche Glieder mit ansteigender Bewegung enthält , deren Summe mit S bezeichnet werde, das einzige Integral der Bewegungsgleichungen ist, welches M den vorgeschriebenen Werthen von und einem anfänglichen Zustande elektri- schen Gleichgewichts entspricht, und ob nicht ein zweites davon verschiedenes Integral exislire, welches keine Glieder von schwellender Bewegung enthielte. Um diesen Zweifel zu beseitigen, beachte man, dass d-S ebenfalls ein Integral derselben Bewegungsgleichungen ist, welches denselben Werthen von entspricht, wie gr, welches für t — — oo wie für f — -foo sich einem endlichen constanten Werthe nähert. Dieses letztere Integral hat aber einen anderen Anfangszustand. Nämlich vor der Einwirkung der Aen- derungen von jR besteht schon die durch die Summe S dargestellte schwellende 102 Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. Bewegung. Sie wird durch die äussere Einwirkung vernichtet, und geht in eine abschwellende über, die den Gleichgewichtszustand erreicht. Im vorigen Paragraphen ist aber gezeigt worden, dass nur eine einzige solche Bewegung existiren kann, die unter Einwirkung gegebener äusserer Kräfte von einem gegebenen Zustand unendlich kleiner Bewegung zu einem Endzustand unendlich kleiner Bewegung führt. Also ist das Integral % — S das einzige dieser Art, und es giebt kein anderes, welches bei den gegebenen Kräften aus anfänglichem in endliches Gleichgewicht führt. Untersuchung des Falls, wo k negativ und ,« = 0. In diesem Falle giebt es keinen Werth von a oder X, für welchen nicht einer der beiden Werthe von re a oder v reell positiv würde. Um daher eine dauernd endlich bleibende Bewegung zu erhalten, muss man die anfängliche Bewegung durch die schwellenden, die endliche durch die abschwellenden Glieder zusammen- setzen. Wir wollen mit » a und mit v 0 die positiven Werthe, mit tt„ und v l die negativen der Exponenten bezeichnen. Die Gleichungen (8 6 .) und (9 a .) wer- den dabei: (11.) Man setze 1) für negative Werthe von t (11".) iL = C.r t .f*+C.r u , und für dt < p < R ,,. 6 , M . , nur bei bestimmten Bewegungsweisen eintreten , wenn nämlich für jedes positive «„ (Ii*.) Jy T .e-"« T dt = 0, dies Integral zwischen den Grenzen genommen, zwischen welchen tp r von Null unterschieden ist. Für eine endliche Anzahl von Werthen von a lässt sich diese Gleichung offenbar erfüllen, wenn man über entsprechend viele Constanten in dem Aus- druck für ip verfügen kann. Da aber ip t ganz willkürlich zwischen beliebigen Grenzen bestimmt werden kann, und nur der Bedingung unterworfen ist, dass 104 Heimholt*, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. zwischen beliebigen Grenzen genommen, immer endlich bleibt, so werden die Gleichungen (11^.) im Allgemeinen nicht erfüllt sein. §• 6. Ueber den Einfluss der Constante k bei ausführbaren Versuchen. Die Grössen U, V, W in den Bewegungsgleichungen (3 6 .) hängen nach ihrer in {\ d .) gegebenen Definition von der Constante k ab. Um die Theile derselben, die davon abhängen, zu trennen von denjenigen, die von k unab- hängig sind, führen wir die Bezeichnung ein 11 - Tf4. k dW I h JUS (12.) jSS = F+|-f , (»- "+TTT' wo unter ¥ die in der Gleichung (2 C .) definirte Function zu verstehen ist, und nach (2 d .) *F selbst, wie seine ersten und zweiten Differentialcoefficienten , nach den Coordinaten genommen, sind an den mit Elektricität belegten Flächen continuirlicb. Wir setzen ferner in diesem Paragraphen voraus, dass die Abhängig- keit der behandelten Functionen von der Zeit nur dadurch gegeben sei, dass sie alle den Factor e nt enthalten. Wenn n complex oder imaginär ist, sind schliesslich in der Lösung nur die reellen Theile der betreffenden Functionen zu nehmen. Das System der Gleichungen (I.) bis (V.) wird unter diesen Umständen: Im Innern der Leiter: (^B-^...».(i + 5).4E.-^.^. Ferner im äusseren Räume: Heimholte, über die Bewegungsgleichungen der Elektricilät. 105 (12».) \jSß t -»-^- = -4*.*, Im ganzen Räume: (12^ dtt d25 dSSß dx 1 % 1 dz dU, d'B, 1 1 da = o, An den mit Elektricität belegten Flächen: (12 d .) U-U 1 = ®-8 1 = ffi-SB 1 = =¥ = 0. In diesem ganzen Systeme von Gleichungen kommt k nur noch als Factor der Function W in den Gleichungen (12 a .) vor. Wir werden also zu untersuchen haben, wann diese k enthaltenden Glieder merklichen Einfluss auf die Lösung der Aufgabe erhalten können, wann nicht. Mit Berücksichtigung der Gleichungen (2 d .) und (12 e .) folgt aus denen (12 a .) (120 0 = ("L + i)j$-A*k* 9i und ein partikuläres Integral dieser Gleichung ist (12* )

sein, zu denen er suttimirt ist. Es ist aber -— die Wellenlänge der Oscillationen, deren Schwingungs- dauer ist, und die Fortpflanzungsgeschwindigkeit dieser Oscillationen ist gleich der des Lichts, dividirt durch j/ä. Wenn also k wie in Herrn F. E. Neu- manns Annahme gleich Eins ist, oder wenigstens nicht unverhältnissmässig viel grösser als Eins, so werden im Allgemeinen bei Versuchen an irdischen Leitern die Bewegungen der Elektricität nicht merklich anders ausfallen, als wenn k—0 wäre, wenn nicht eben Dimensionen der Leiter benutzt und so kleine Zeit- theile beobachtet werden können, dass sich die von der Lichtgeschwindigkeit herrührenden Unterschiede innerhalb dieser Dimensionen und Zeittheile geltend machen. Diese Folgerung ist darauf gegründet, dass die in (12*. ) und (12'.) ausgedrückten Grössen Summen sind von denselben Summanden, aber so, dass in der zweiten Summe jeder Summand mit einem verschwindend kleinen Factor multiplicirt ist, der bei imaginärem n einen immer negativen reellen und einen der Regel nach dagegen verschwindenden imaginären Theil hat. Diese Fol- gerung würde nicht ohne Weiteres zulässig sein, wenn (p die relativ kleine Differenz einer sehr grossen positiven und einer nahehin ebenso grossen ne- gativen Quantität wäre, und dabei deF mittlere Werth von r 1 für die eine dieser Quantitäten einen endlichen Unterschied von dem der andern angehörigen Mittel— werthe hätte. Nun kann allerdings cp" in der angegebenen Weise zusammen- gesetzt sein, aber dabei nur dann überall endlich bleiben, wenn zwei unendlich Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 107 grosse elektrische Quanta in unendlich kleiner Entfernung von einander als elektrische Doppelschicht von endlichem Momente gelagert sind, wie in den beiden Platten eines Condensators oder in den beiden Belegungen einer Ley- dener Flasche. In diesen Fällen ist aber offenbar die zweite Bedingung nicht erfüllt, nämlich die, dass der mittlere Werth von r 2 für die positive und ne- gative elektrische Masse endlich verschieden sei. In der Voraussetzung also , dass die Conslante k keine sehr grosse Zahl ist, wird man die analytische Behandlung der Aufgaben über Eleklricitäts- bewegung vereinfachen dürfen, indem man k = 0 setzt, oder die Fortpflanzung der Longitudinahvellen unendlich gross annimmt, so oft die Dimensionen der gebrauchten Leiter verschwindend klein sind gegen die Moduln der (reellen oder complexen) Wellenlängen der zur Wahrnehmung kommenden elektrischen Oscillationen (deren Periode auch complex sein kann). Die Vereinfachung der analytischen Operationen, welche eintritt, wenn wir k = 0 setzen , gründet sich darauf, dass die Gleichungen (II.) und (II".) nicht mehr nach l integrirt zu werden brauchen. Die Gleichung (12^.) er- giebt alsdann für das Innere der Leiter entweder 4n n = x oder J(p = 0. Die letztere Alternative ergiebt, dass gar keine freie Elektricität im Innern der Leiter vorkommt. Die erstere giebt unabhängig von aller Einwirkung äusserer Kräfte. Bei denjenigen elektrischen Bewegungen also, die im Innern eines Leiters nach vorausgegangenem elektri- schen Gleichgewicht durch äussere Kräfte hervorgerufen werden können, wird freie Elektricität, bei der Annahme Ä = 0, nur immer an der Oberfläche der Leiter oder an den Grenzflächen verschiedener Leiter vorkommen können. Bewegung in einem unendlichen Cylinder. Die einzige praktisch angewendete Form eines Leiters von hinreichend grossen Dimensionen, an der man hoffen könnte, Unterschiede, die der Licht- geschwindigkeit entsprechen, zu entdecken, wäre die eines sehr langen Drahtes. 14* 108 Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. Ich will deshalb die Theorie der elektrischen Bewegung in einem solchen hier noch ausführen, basirt auf die Gleichungen (12°.) bis (12 indem, wie dort, die Abhängigkeit von t auf einen Factor e n< beschränkt bleibe, und zugleich die Geschwindigkeiten w 15 » x , w L im äusseren Räume gleich Null gesetzt werden: (1 3.) u t — ® l = u>x — 0. Die Axe des Drahtes sei auch die Axe der x, der Draht cylindrisch mit kreis- förmigem Querschnitt vom Radius R. Die Bewegung geschehe theils in Rich- tung der x, theils in den darauf senkrechten Richtungen der (13*.) 9 = } /tf + z * Wir können unter diesen Umständen setzen (13 6 .) dx.dg q dx.dy 1 S = d * x . * = d * x ^ dx.dg g dx.dz Aus den Gleichungen (12°.) fliessen die drei Gleichungen , x /l {tö&__dm\ .i j di8 dB) 4u I dz ~dV)~ A - n - \ dz dyS 0, dy } ' i dz dy (»«■■) |^{--«j-^...|»-4j.|-o, x j dVL d® \ ^ j dtt dSß \ _ 0 ' 4n \ dy dx S ' \ dy dx S Die erste von diesen ist durch die Annahmen in (13 6 .) erfüllt. Die beiden andern ergeben, dass die Differentialquotienten nach y und z genommen von folgendem Ausdrucke gleich Null sind und gleichzeitig giebt (12 c .) JL dx C 1 dy 11 1 U+ du* + dz" \ oder d *X - d *x i - fr - w tJ( ?>~ dt/ a dz 2 ~~~~ dg" g dg Da eine Function von q allein zu x hinzugesetzt werden kann, ohne die Werthe von 25 und S t zu ändern, so können wir die willkürliche Function $ (?) hier weglassen, ohne die Allgemeinheit der Integration zu beschränken, und haben (13*.) U = -Q-Jz. Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 109 Wir erhalten dann für die Function % aus (13 e *.) folgende Differentialgleichung: (13<0 -£-.JJ x -A*nJ X = 0. Die dort stehende willkürliche Function f{x) kann hier wiederum durch eine in x einbegriffene Function von x ersetzt gedacht werden, da die Hinzufügung einer solchen zu % die Werth* von U, 3? oder 2B nicht verändert. Setzt man nun diese Werthe in die Gleichungen (12".) ein, so findet man, dass die drei Differentialquotienten, nach x, y und a genommen, der folgenden Gleichung gleich Null sind < 13f -> £'(£)-*■••-£■ = - \A\k. n. W, (14 f .) 2m.J X i= J , F 1 = 2n(p 1 . Dazu kommen noch die Grenzbedingungen für die Oberfläche des Cylinders, (12V) und (12*.), welche sich reduciren auf folgende: (14V) m 2 Xi-^X (14«0 Jx_ = dQ dQ ' (14V) (14=.) 9 = • Folglich muss die Determinante derselben gleich Null sein. Dies giebt schliess- lich eine Gleichung, welche zur Bestimmung von n dient. Zur Abkürzung setzen wir (160 P = ^SL, Q = ^- und jJf = |Ä Daun ist die Eliminationsgleichung folgende: (16*0 _«! *rir..ni_t._ü?!_rM_Pij.i_*..B[jf» + m *] = 0. m—p' Heimholte, über die Bewegungsgleichungen der Elektricilät. 113 Die unbekannte Grösse n ist hier in den q, p, Q und P enthalten. E s ist nun -r^- gleich der Wellenlänge der betrachteten elektrischen Wellen nach der Länge des Drahtes gemessen; wir nehmen an, dass diese sehr gross gegen die Dicke des Drahtes sei, und betrachten deshalb mR als eine Grösse, die gegen die Einheit verschwindet. 27F Ferner ist — nach (15 6 .) die Wellenlänge der longitudinalen ym 2 — p 2 elektrischen Wellen in einem ausgedehnten leitenden Medium, deren Schwin- gungsdauer ist; wir können deshalb auch (m 2 — p 2 )R 2 und p 2 R 2 wie m 2 R 2 als verschwindend klein gegen die Einheit betrachten. Dagegen ist , , 4nn.A* m-q = — — , und für Kupfer wird dies ? 2 a i Secunden m—q l = 477».- SJfT \ rffTr - Quadratmillimeter Wenn also R nicht unverhältnissmässig viel grösser als ein Millimeter ist, und n nicht viele Tausende beträgt, so wird auch (m 2 —q 2 )R 2 und q 2 R 2 als eine gegen die Einheit kleine Grösse betrachtet werden können. Da nun J <->*> '~ 1 T2" + 2.2.4.4 _etC - ist, so kann für sehr kleine Werthe von pR und qR gesetzt werden P = ~ \p 2 R, q* 2 2 R Q- = ~Ä +«V Wenn wir diese Werthe in (16 er .) einsetzen, erhalten wir die für kleine Werthe von pR und qR zunächst noch ohne Einschränkung der Werthe von mR gültige Gleichung: n 2 r Ml , xn r 2 „ 2 /. m'R'\ , m^l + A 2 n 2 [M+ ^M 2 + ^—^kRM 2 ]. Es ist nun nach Kirchhoff*) zu setzen 3(10 = ^4^-l0g(-2-JJ + j- ^2 (i) + g _(i+ i )__^tI^+otc.| , (16 A .) *) Dieses Journal Bd. XLVIII, Heft 4. Journal für Mathematik Bd. LXXII. Heft 2. 15 114 Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. worin W 0 = -0,5772157. Daraus geht hervor, dass wenn mR sehr klein ist, auch RM sehr klein ist, M dagegen — sehr gross. Mit Berücksichtigung hiervon können wir die Glei- chung (16 /t .) auf folgenden einfacheren Ausdruck bringen (16'.) 0 = -m 2 -£^M+A 2 .n 2 .{i-\k.RM}. Wenn k nicht so gross ist, dass kRM endlich wird, verschwindet das letzte Glied mit k ganz aus dieser Gleichung. Der Rest der Gleichung stimmt überein mit der Gleichung, welche Herr Kirchhof aus dem Weberschen Gesetze abgeleitet hatte, wenigstens in Bezug auf die Glieder, welche allein Einfluss haben, wenn R unendlich klein wird. Nur in den Gliedern, welche zunächst zu berücksichtigen sind, wenn logR nicht mehr als unendlich gross betrachtet werden kann, zeigt sich ein Unterschied, indem statt unserer Function M — — - Ä(-log(^)+^-logÄj in Kirchhofs Gleichung steht: 1 R{logl— logÄ} ' wo / die Länge des Drahtes bezeichnet, und log/ statt der in meiner Formel vorkommenden Grösse steht: -log(f )+ 3P„ = -log^+n+log (A). Im letzteren Ausdrucke bezeichnet l die Wellenlänge der betreffenden Os- cillationen. Zu bemerken ist noch, dass durch die Annahme, kMR sei eine sehr kleine Grösse, das Vorkommen labiler Gleichgewichtsstörungen für negative Werthe von k von vorn herein ausgeschlossen worden ist. §•8. Einfluss dielektrischer und magnetischer Polarisation der Media. Nachdem wir uns bisher mit der Frage beschäftigt haben, welchen Einfluss die aus den bisherigen Versuchen nicht bestimmbare Constante k bei den elektrischen Bewegungen haben könne, bleibt es noch übrig, den Einfluss zu erörtern, den die zwischen den durchströmten Leitern liegenden und sie Heimholte, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 115 umgebenden Isolatoren haben können. Wenn in ihnen Veränderungen vorgehen, so können diese auf die Ausbreitung der inducirenden Wirkungen Einfluss haben. Dass die meisten, vielleicht alle Naturkörper magnetisch (beziehlich diamagnetisch) polarisirbar sind, ist bekannt; für eine Reihe von Isolatoren ist auch nachgewiesen, dass in ihnen eine ähnliche Scheidung der Elektricitäten, dielektrische Polarisation, stattfinden kann unter Einfluss elektrischer Kräfte, wie in magnetischen Körpern Scheidung der Magnetismen unter Einwirkung magnetischer Kräfte. Es ist bekannt, dass man, wenigstens bei massigeren Graden der Magnetisirung, das magnetische Moment, welches an irgend einer Stelle inducirt ist, der Stärke der an der betrelfenden Stelle wirkenden magnetisirenden Kraft, diese multiplicirt mit einer von der Art des Stoffes abhängenden Constanten, gleich setzen kann. Die magnetisirende Kraft ist dabei diejenige, welche durch die äusseren Einflüsse in Verbindung mit dem in dem magnetisirten Körper selbst und an seiner Oberfläche entwickelten freien Magnetismus hervorgebracht wird. Genau dieselben Gesetze wenden wir auf die Dielektrica an, wobei wir zu- nächst von den Vorgängen, die den elektrischen Rückstand der Leydener Flaschen hervorbringeil, und die von der Anwesenheit schwach leitender Theile herzurühren scheinen, absehen. Es seien ty, 3 die Componenten der durch Vertheilung erzeugten elektrischen Momente parallel den Axen der x, y, z genommen, X, Y, Z die Componenten der gegebenen äusseren Kräfte, cp die Potentialfunction der durch deren Wirkung vertheilten Elektricität, so setzen wir dem entsprechend (« = •(*-£). («•) » = < y -f)> (» - •(*-■£)■ Die Dichtigkeit freier Elektricität im Innern eines der Vertheilung unterworfenen Körpers, in zweierlei Weise ausgedrückt, ist gleich (17-.) -*L-*L-4- = -4-.J dy ' dtp (17«.) also gleich den Anziehungskräften einer mit der Dichtigkeit verbreiteten elektrischen Masse, so ergeben die Gleichungen (17.) und (17 a .) nach Elimination von 5, ty, g. und an den Grenzflächen, wo zwei Körper von verschiedenen Werthen von e zusammenstossen, wenn E an der Fläche keine unendliche Dichtigkeit hat: (17".) (1 + 4*«)JL( V + V0 = (l + 4*O-^(9i+V0. Ist e constant in dem Theile S des Raumes, wo E von Null verschieden ist, so ist 1 ^+?) = tA^E. 4a Kr i_j_4 raf Das heisst, die gesammte Potentialfunction (v+9>) wird in dem Räume, in welchem £ liegt, sich so verhalten, als wenn in einem nicht dielektrischen jE Räume nur i ^_ ine läge. Durch die erfolgte Verkeilung wird die Quantität 1^4"* E ^ort Eingeschoben, die einen entsprechenden Theil von E neutralisirt. Für die Verschiebungen von E im Räume S, so weit e constant ist, bildet diese neutralisirende Elektricität kein Hinderniss, weil diese überall mitfolgen kann. Die Anziehungskräfte also, welche von anderweitig vorhan- denen elektrischen Massen auf E ausgeübt werden, müssen ebenso gross sein, als wenn die E zum Theil neutralisirende Elektricität gar nicht vorhanden wäre. Helmholts, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 117 Die Potentialfunction einer punktförmigen Masse E t ist also E, (1 -J-4a«)r und die Abstossung, welche sie auf die Masse E ausübt: E.E, (1+4* «>*' Die Grösse der Massen E und 2^, elektrostatisch gemessen, erscheint also im Verhältniss ]/1+4ti«:1 verkleinert durch den Einfluss des Dielektricum, in dem sie liegen. Wenn wir nun unter c eine beliebige constante Zahl verstehen, und jede Masse E auf das c-fache vergrössert denken, jede Grösse (1+4ti«) aber auf das c 2 - fache, so bleibt die Anziehung der beiden Massen E unter so ver- änderten Umständen unverändert, die Potentialfunction einer jeden wird ver- ringert im Verhältniss und die Gleichung (17 c .), welche die Vertheilung bestimmt, bleibt vollständig ungeändert. "Wir können also durch alle elektrostatischen Messungen immer nur das Verhältniss der Werthe von (l+4?if) zwischen verschiedenen Körpern, oder zwischen diesen und dem vom Lichtäther gefüllten, übrigens leeren Räume ermitteln, aber nicht den absoluten Werth der genannten Grösse. Dasselbe gilt für die Coefficienten der' magnetischen Induction. Dass Poisson und andere Bearbeiter der Theorie des Magnetismus den magnetischen Coefficienten, welcher der Grösse (l+Ane) entspricht, im Lufträume gleich Eins gesetzt haben, ist willkürlich. Es ist bekannt, dass eine Reihe von Physikern durch die diamagnetischen Erscheinungen veranlasst wurden, den betreffenden Coefficienten für den nur mit Lichtäther gefüllten Raum grösser als Eins zu setzen, um e in den diamagnetischen Körpern nicht negativ setzen zu müssen. Die Bestimmung der elektrostatischen Einheit der Elektricität, wenn sie im Innern eines dielektrischen Isolators vorgenommen wird, muss diese Einheit im Verhältniss |/1+4tic:1 zu gross ergeben, und ebenso auch die elektrostati- sche Einheit der Stromstärke in demselben Verhältniss zu gross. Die Constante A 2 ist der elektrodynamischen Anziehung zweier elektrostatischen Stromeinheiten proportional. Ist also das Medium, in dem wir uns befinden, und diese Versuche angestellt haben, dielektrisch, so ist der wahre Werth der betreffenden Constante, wie er für einen absolut einflusslosen Raum gelten würde |_|_ 4fff ; wo e u die dielektrische Polarisationsconstante der Luft, beziehlich des den Weltraum füllenden Medium ist. 118 Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricilät. Wir müssen ferner die dielektrische Polarisation auch bei der Be- stimmung der Bewegung der Elektricilät beachten. Wenn in dem Volumenelement dS die Menge E positiver Elektricität sich um \s in Richtung der positiven x, und die Menge negativer um \s nach Richtung der negativen x bewegt, so wird dadurch in demselben das elektrische Moment % = E.s hergestellt, und gleichzeitig ist dieser Vorgang entsprechend einer Strömung in dem Element u„.dt — E.s. Der Act der Polarisation bildet also eine Art elektrischer Bewegung, bei welcher dt Vo ~ "SP di w 0 = -fc. Zu dieser kann sich noch hinzugesellen diejenige Bewegung, welche dem OAmschen Gesetze entsprechend in leitenden Körpern geschieht, deren Com- ponenten mit «u, c 2 und w 2 bezeichnet werden mögen. Da nun nach den in Gleichung (17.) gemachten Feststellungen, die die Elektricität in Richtung der Coordinatenaxen forttreibenden Kräfte gleich sind : 1 1.1 so erhalten wir die Gleichungen -•h yfc T'h xu 2 = — (18.) { xv 2 = T -V, xw 2 = — und die Gesammtgeschwindigkeiten der elektrischen Strömung werden: (18°.) e = w dt dt) dt dh «-.:. dt Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricilät. 119 In Bezug auf diese Grössen u bleiben dann auch die Gleichungen (2.) und (2 a .) bestehen: du dv dw 1 dJq> (2.) dx dy dz An dt ' (2°.) («- Ml ).cosa+(»-» 1 )-cos6 + (w-«P 1 )-cosc = ^ J dN (y-yj, und die Berechnungen der elektrodynamischen Kräfte U, V } W, welche in den Gleichungen (1*.) bis (3".) in §. 2 gegeben sind. Nachdem so die elektrostatischen und elektrodynamischen Kräfte in einem dielektrischen Medium bestimmt worden sind, haben wir noch festzu- stellen, wie die Induction zweier Stromleiter in einem magnetisch polarisir- baren Medium verändert wird. Ich bezeichne die magnetischen Momente mit l, fi, v und die magnetische Potentialfunction mit %, die Polarisationsconstante mit d-, die ausserdem vorhandenen magnetisirenden Kräfte mit 8, SCi, üft, so ist, wie in Gleichung (17.), zu setzen (19.) L = ("-»[«-■£1. und oder an Flächen, welche freien Magnetismus enthalten: (19«*.) (A-AO.cosa+G^-^.cosA+Cv-vO.cosc = ~^[%-%\ Die magnetisirenden Kräfte 8, Sfi am Orte x, y, z, herrührend von den Stromcomponenten u, v } w am Orte §, tj, £, sind die folgenden: 120 Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Eleklricität. Herrührend von der Strom- coraponente. m SR U n Au dZ\T) A. u .~(-) dy\r/ V a « d ( 1 ~\ Ä - v -dlKTJ a u ctaA r ) w ^ W dy^r^ A W dx 0 ) 0 Also, wenn man sie für die sämmtlichen vorhandenen Strömungen berechnet, (i9 6 .) \m = a[ dV dW d% dy dW dU dx dz dU dV dy dx Somit sind, wenn u, v, w bekannt sind, die Grössen 1, /n, v durch die Glei- chungen (19.), (19 a .J, (19*.) gegeben. Die inducirende Wirkung der Grössen l, v im Element dx.dy.dz dagegen auf die Stromelemente u, v, w in §, r\, 'Q ist proportional der Zu- nahme des Potentials: Für Strom- eon} ponente. Induotionskraft. U w -4 Heimholt*, über die Bewegungsgleichungen der Eleklricität. 121 Also wenn wir setzen: (19".) IM = fff «fy.<£, \ N -ff/T-*'**'*' so sind die Componenten der elektromotorischen Kraft, die von der Magne- tisirung des Medium herrührt: i . d rrfiY tili + dtldy da-l' . d VdM dL 1 + dfLda; rfe/J' und aus den Gleichungen (17.) folgen endlich folgende Bewegungsgleichungen der Elektricität, in denen 3£, 5), 3 die durch andere, z. B. hydroelektrische und thermoelektrische Processe bedingten äusseren Kräfte bedeuten: l « '* ~ da; d< + d< L dt/ d* J + *' / J_ _ _d U, F, W, L, M, N durch Quadraturen zu berechnen, so dass die sieben vorstehenden Journal für Mathematik Bd.LXXII. Heft 2. 16 122 Helmholts, über die Betcegungsgleichungen der Elektricität. Gleichungen (19 c .), (19=.) und (19^.) zur Bestimmung der vorgenannten sieben Unbekannten als Functionen der Zeit dienen können. Um aus diesen Gleichungen die Integrale zu entfernen, und sie in reine Differentialgleichungen zu verwandeln, erinnere ich an folgende Sätze: Wenn man drei Functionen §, t], £ von x, y, z hat, und für alle Orte innerhalb eines gewissen einfach zusammenhängenden Raumes S die drei Gleichungen erfüllt sein sollen: (20.) £ = 0, 77 = 0, £ = 0, so folgt daraus, dass innerhalb des Raumes S sei ' J*? _ 0 dz dy ' d£ dt = 0 dx dz ' dS. drj _ q dy dx ' dg , dt) d£ _ q dx dy dz Es lässt sich nun zeigen, dass das System der Gleichungen (20°.) das System der Gleichungen (20.) vollständig ersetzt, wenn die Bedingungen hinzugefügt werden, 1) dass % t> im ganzen Räume S endlich und stetig seien, 2) dass an der Oberfläche von S sei (20 6 .) §.cosa+*?-cos&+£.cosc = 0, wo a, b, c die Winkel sind, welche die Normale N der Oberfläche von S mit den Coordinatenaxen macht. Aus den ersten drei Gleichungen des Systems (20°.) folgt nämlich direct, dass es eine Function W von x, y, z geben müsse, von der Be- schaffenheit, dass dW T dV § ~ ~dx~' n ~ dy ' fe ~ dz ' Dann ergiebt die letzte der Gleichungen (20°.) JW = 0, und die Gleichung (20 6 .), dass an der ganzen Oberfläche des Raumes S **- = 0 dN Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 123 Da der Baum S der Voraussetzung nach einfach zusammenhängend, und die Grössen §, t], £ überall endlich und stetig sein sollen, so genügen diese Bedingungen nach bekannten Gesetzen über die Potentialfunctionen, um zu zeigen, dass im ganzen Baume S W = Const., (20.) £ = V = 'Q = 0. Wenden wir diese Sätze auf das System der Gleichungen (19 e !), und dann auch auf das der Gleichungen (19 f .) an, betrachten wir dabei den un- endlichen Baum als den Baum S, und berücksichtigen wir, dass aus (19 c .), (19°.) und (19°*.) folgt: dL dM dN dx + dy + dz ~ X > so erhalten wir folgende Systeme von Gleichungen: 'iCiVi-fil = i+4n& dl dg dg) dy\eJ dz\tJ & 'dt^dy da' A(±)-JL(±.) = l+W A dfi . dX ^3 dz \ e J dx \ t J & dt dz dx ' _rf_/J)\__rf_/£\ = l+4n& . dv dg) dl dx\eJ dy\e J ~ & dt + dx dy ' Ä(i)+ia)+x(i)=-^+^-*-$+s+i+f. 1 dy\&J dz\&J A Idx.dt * dt xt *J» \dx\&J dy\&J Idz.dt * n dt xs 8J' < 20 '-) T(T)+T5-ß) + i(±) " Dazu kommen noch die Bedingungen für die unendlich entfernte Grenzfläche des Baumes: Ferner die Bedingung, dass die in (19 e .) und (19^) gleich Null gesetzten Grössen überall stetig und endlich seien. Da nun dies für die Grössen U, V, W, L, M, N und ihre Differentialquotienten schon nach der für sie vor- 16* 124 Heimholt*, über die Bewegungsgleichurtgen der Elektricität. geschriebenen Bildungsweise durch Integration der Fall ist, so oft u, v, u>, l, fi, v überall endlich sind, so reduciren sich die Bedingungen der Stetigkeit darauf, dass die sechs Grössen: dcp dx dtp -X, dx dx dy " I dX & 1 ds e dy * I dt f' P überall stetig seien, namentlich auch an solchen Flächen, wo e, & und x unstetig sind. Da x an solchen Flächen stetig ist, so ist u. S; w. Wir haben ferner nach der Gleichung (19°*.) (20*) (A-A,).cos«+C^-ft).cos6+(i/-j/ 1 ).cosc = -±-JL( x - Xl ) und nach den Stetigkeitsbedingungen somit l l ■cosa- d & 4n dN i •cosö- d & dN V i •cosc- d *. ~ 4n dN < 30 "-> <4- „, v ,

durch den ganzen Raum gegeben sind, die Gleichungen (20 c .) bis (20\) die Bewegung eindeutig bestimmen. Ist k = 0, so fällt aus diesen Bestimmungsstücken weg. Um die Art der durch diese Gleichungen angezeigten Bewegungszu- stände anschaulicher zu machen, wollen wir sie auf einen Körper S anwenden, in dessen Innerem « und & constant sind und %—oo ist; ferner 3£=?) = B=0. 126 Heimholte, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. Wir erhalten dann: (21.) (21°.) 4- (21*0 dj di> dy dz d f di da dx dt) df dx dy dty = A.e- = A.e- = A.e- d, i+4n& dl # dt ' < +4ftff d^ # ' d< ' l+4«i9- dv & dt dx 1 dy dv d/A, dy dz dl dv dz, dx d/K dl dx dy de = A.&-[ dx.dt dt "Wenn wir aus (21.) neue Gleichungen bilden, nach der Weise wie (20°.) aus (20.) gebildet ist, so erhalten wir j f = etc. dy dz Die entsprechenden Gleichungen für und j erhält man, indem man in (21 c .) $ und x beziehlich mit 9 und oder mit 3 und 2 vertauscht. In ähnlicher Weise erhält man für die magnetischen Momente: (21 d .) = 47ie(l+47r^)^ 2 .-^-, (^f = 4?if (l+47i^)^ 2 .-$-, \ dt dA dfi dv q dx dy dz ~~ In den Gleichungen (21°.) sind die elektrischen Verschiebungen in einem dielektrischen Isolator durch ganz dieselben Gleichungen gegeben, wie die Verschiebungen der wägbaren Theilchen in einem festen elastischen Körper, Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der ElektricitäL 127 in welchem die Fortpflanzungsgeschwindigkeit heträgt i für die Transversalwellen: für die Longitudinalwellen : X^ ~^T¥ ' Die Gleichungen (21 d .) dagegen für die magnetischen Verschiebungen entsprechen denen im Innern eines incompressiblen elastischen Körpers, in welchem die Geschwindigkeit der Transversal wellen dieselbe ist, wie die an- gegebene der elektrischen Verschiebungen, die Geschwindigkeit der longitudi- nalen Schwingungen dagegen unendlich gross. Es ergeben diese Gleichungen, wie schon Herr Maxwell für den von ihm behandelten Grenzfall (&=0, e und & unendlich gross) gezeigt hat, dass bei den Transversalwellen die elektrische Os- cillation in der einen Polarisationsebene, die magnetische in der darauf senk- rechten geschieht. Um zu ermitteln, was unter Annahme eines dielektrischen Raumes der gemessene Werth der Constante A bedeute, müssen wir noch den Fall der gut leitenden Körper untersuchen, wenn z so klein ist, dass die durch die Polarisation entstehende Geschwindigkeit gegen die von der Leitung ab- hängende verschwindet. Unter dieser Annahme ergeben die Gleichungen (20 c .) bis (20'.) bei eben solcher Behandlung, wie für den Isolator y.Ju = {\+\nd-)teiA^ — ~ \j

und y, oder mit w und s vertauscht. Vergleicht man diese mit denen, welche durch die Operation J aus (3 6 .) gebildet werden: ^ = 4^*--^+(l-*M'Äj etc. so sieht man, dass nur die Constanten verschieden sind. Statt A 2 der letzteren steht in der ersten ^4 2 (l+4?ii9j, und statt k der letzteren steht i+4n& in der ersteren. Ist also das Medium magnetisirbar , so erscheint der Werth der Constante k darin verkleinert in dem angegebenen Verhältniss. 128 Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. Andererseits erscheint die Constante A 2 , wenn in einem magnetisir- baren, Medium experimentirt wird, vergrössert durch ihre Multiplication mit dem Factor (1+4ti#). Da wir nun durch alle statischen Versuche über magnetische Vertheilung nur immer das Verhältniss der. Werthe von (1 + 4ti#) für ver- schiedene Stoffe zu einander, oder zu dem nur mit Lichtäther gefüllten so- genannten Vacuum ermitteln können, so finden wir durch Versuche im Luft- raum oder Vacuum immer nur das Product der Constante A 2 mit dem Factor (i+4nd-u), wenn wir mit & u den unbekannten Werth dieses Coefficienten für den Luftraum bezeichnen. Ferner ist schon oben nachgewiesen worden, dass die Quantitäten Elektricität, welche strömen, nach elektrostatischen Einheiten bestimmt im Ver- hältniss ^i+4ne u : 1 verkleinert erscheinen, und ebenso alle nach elektrostati- scher Einheit gemessenen Stromeinheiten. Dagegen erscheint der Widerstand y. im Verhältniss 1 : (l + 4ne 0 ) vergrössert und ebenso die Constante A 2 . Ist also 2t der im Luftraum gefundene, der Lichtgeschwindigkeit nahe gleiche Werth von -7-, so ist der wahre Werth A 1 und der Werth der Fortpflanzungsgeschwindigkeiten in einem isolirenden Me- dium wird longitudtaal: In der Luft selbst werden diese Werthe: longitudinal : 2t (1 + 4^) j/ ~£p- , transversal: 21 1/ - + 4wt 0 Für die elektrodynamische Induction erweist es sich also nicht als gleich- giltig, wie es bei den elektrostatischen Phänomenen der Fall war, ob der Luftraum ein Dielektricum ist oder nicht, sondern es hängt die Fortpflanzungs- geschwindigkeit der inducirenden Wirkung von der absoluten Grösse von f 0 ab, und e„ würde durch experimentelle Bestimmung dieser Fortpflanzungs- geschwindigkeit der elektrischen Transversalwellen im Luftraum bestimmt wer- den können. Diese Geschwindigkeit müsste dfcr vorliegenden Theorie nach Helmholtz, über die Bewegungsgleichungen der Elektricität. 129 grösser sein, als die aus Herrn W. Webers Versuchen bestimmte Geschwindig- keit 2t, und dieser nur gleich werden können, wenn die dielektrische Polari- sationsconstante der Luft e u unendlich gross gegen ^ wäre. Es geht daraus hervor, dass die bisher vorliegenden Erfahrungen auch ohne wesentliche Aenderungen in den Grundzügen der acceptirten Theorie der Elektrodynamik eine Ausbreitung der elektrischen Fernwirkungen mit endlichen Geschwindig- keiten als möglich erscheinen lassen; und zwar würden sich die elektromagne- tischen "Wirkungen dabei mit einer der Lichtgeschwindigkeit gleichen oder grösseren Geschwindigkeit ausbreiten, während die Ausbreitung der elektro- statischen von der unbekannten Constante k abhängig bliebe. Heidelberg, 1870. Corrigenda. Seite 75, Zeile 4 v. o. statt Ds lese man Da. 2 1 - 80, - 1 v. u. - 4t • -rr * ' 4/t 4/c Journal für Mathematik Bd. LXXII. Heft 2. 17