Die Bedeutung von Mann ’und Franu 142 Kann man fich etwas Weiblicheres denken als die Wäre es nicht ein allerfeligfte Jungfrau Maria? unmöglicher Gedanke, fich genau dasfelbe in einem Mann verwirklicht zu denken? Gewiß, was ihre Heiligkeit felbft betrifft, fo könnte diefelbe auch in einem Mann verwirklicht fein, aber eine befondere Färbung wäre dabei notwendig anders. Im Menfchen ift nun einmal diefe Ausprägung in zwei Das Mittelalter ‚ Grundtypen wefenhaft gegeben. ' verftand die Tiefe diefes Unterfchiedes ganz, wenn ı es die Frage aufwerfen konnte, ob auch die Engel 'in weibliche und männliche zerfielen. Die bloße Frageftellung zeigt — wie man die Frage auch be- antworten möge — daß diefer Unterfchied nicht allein {fo weit befteht bei dem Men{chen, infofern er auch Lebewefen ift, fondern auch inquantum homo, infoweit er geiftige Perfon ift. In der befonderen Art des Weiblichen und Männlichen liegt fogar ein eigener‘ Wert, und es ift durchaus kein erftrebenswertes Ziel, daß diefer Unterfchied verwifcht wird; wie denn auch bei den Heiligen diefer Unterfchied nicht nur fortbefteht, fondern in idealifter Aus- geftaltung vorliegt. Denken wir an eine heilige Agnes, eine heilige Scholaftika, eine heilige Elifabeth, /eine heilige Katharina von Siena, eine heilige . Therefia vom Kinde Jefu einerfeits, einen heiligen . Paulus, einen heiligen Petrus, einen heiligen AuguPc1nus, einen he1hgen Benedikt, einen heiligen Igna‚tius von Loyola, einen heiligen Bernhard andereri feit, fo fehen wir deutlich, wie fie zugleich Träger ‚der befonderen Werte des Männlichen und Weiblichen find. Wer fıch aber in die Eigenart des Männlichen und Weiblichen in geiftiger Hinficht vertieft, der fieht auch die {pezififche Zuordnung beider aufeinander. Füreinander außerhalb der Ehe ı. Mann und Frau Miffion aneinander gegenfeitig in einer 143 haben auch rein geiftig eine und befruchten fich geiftig Weife, die innerhalb eines Gefchlechtes nicht möglich ift. 2. Nie wird ander— feits eine Frau {o tief verftanden werden von emers Frau, wie fie von einem Mann verftanden Werden’ könnte; nie ein Mann fo von einem Manne, wie er } von einer Frau verftanden werden könnte. Zwei Hauptmomente find bei diefer Zuordnung. zu trennen. Erftens die fpezififche Miffion des Mannes an der Frau und der Frau am Mann. Zweitens die Möglichkeit einer viel engeren und letztlicheren Gemeinfchaft auf Grund ihres SichErgänzens. Zunächft die gegenfeitige Miffion: Sie befl:ehß einerfeits im Ausgleich durch den Einfluß der fremden Wefensart, in der Verhütung gewifler Gefahren, die in der jeweiligen Eigenart des Männlichen und flufles ganz Weiblichen entbehren. liegen, wenn Männer fie diefes Ein- verrohen, ver- trocknen, verknöchern; fie „verfachlichen“ gleichfam, d. h. fie werden entweder zu bloßen Beamten oder zu Sklaven ihres Berufes und der Sache, der fie fıch widmen, wenn fıe ganz von jeder Berührung mit Frauen in ihrem Leben abgefperrt find. Frauen \ verengen und verlieren fich in Kleinigkeiten, fıe ! verfinken in fich und nehmen fich und jedes kleine Gefühl zu wichtig, m. a. W. fie werden egozentrifch und kleinlich, wenn fie des Einfluffes von männlicher Geiftes- und Wefensart ganz entbehren. Die befondere Eigenart des Männlichen und Weiblichen trägt nicht nur die Möglichkeit zur Realifierung befonderer Werte in fıch, fondern birgt auch fpezififche Gefahren. Der von felbft fich auswirkende gegenfeitige Einfluß der beiden‘ Ge- 144 Die Bedeutzmg von Mann und :Frau fchlechter aufeinander hat nun die Aufgabe, diefe Gefahren zu kompenfieren. Schon in der Struktur der Familie zeigt fich diefe Funktion deutlich. Jedes ‚Kind, ob männlich oder weiblich, erfährt normaler- \weife in der Erziehung den Einfluß beider Wefens\arten, von Vater und Mutter. Die Berührung‘ mit ‚dem ergänzenden Element entfaltet hier ihre beifondere Miffion. Welcher Vorteil ift es im allgemeinen für Männer, wenn fıe auch Schweftern, und für Frauen, wenn fie auch Brüder haben! Und {felbft da, wo aus befonderen Gründen ein f(tärkerer Ab- ichluß von der Berührung mit dem anderen Gefchlecht durchgeführrt ift. Wie wichtig ift der Ein+ £luß des Spirituals im Frauenklofter auch von diefem ‚Gefichtspunkt aus, wie wichtig ‚der Kontakt auch mit Frauen in der Seelforge für männliche OrdensGewiß ift die Bedeutung des Spirituals ‘leute. primär die des Priefters, aber als Seelenführer {pielt auch feine Wefenseigenart als Mann eine bedeutlame kompenfierende Rolle. Die Miffion füreinander beichränkt fich aber nicht nur auf ein Negatives, auf die Kompenfierung einer Gefahr. Die geiftige Berührung von Mann und ı Frau hat auch eine pofitive Miffion der einzigartigen ‚Anregung und geiftigen Befruchtung. Sie weckt in beiden befondere Tugenden, die fonft unentwickelt \bheben Das Ritterliche wird im Mann wach, ein 'tärkeres Sich-zufammen-nehmen, eine gewiffe demütige Haltung, eine größere Zartheit und Reinheit, eine gewifle Löfung und Belebung feines äWefens. Bei der Frau hingegen tritt eine Erweitetung ihres Intellektes, eine breitere Bafıs ihrer Wertfichtigkeit und :eine prinzipielle Fundierung derfelben, eine edle Referve einerfeits und eine {pezi'fifche Wärme und Hingabe andrerfeits ein. füreinander außerhalb der Ehe N 145 Diefe- fpezififich geiftig befruchtende Wirkung von Mann und Frau aufeinander hängt eng mit dem zweiten Moment zulammen, von dem wir Die Zuordnung beider Wefen oben {prachen. aufeinander ermöglicht einerfeits Sich-Verftehen tieffter Art. Ein Mann wird mehr in der Um—\ geftaltung zum Pofıtiven bei einer Frau ermehr eine Frau reichen, bei einem Mann. Es ift} kein Zufall, daß das Ideal der Seelenführung am rein{ten vorliegt, wenn der geführte Menich weiblich ift. Das kommt {fchon daher, daß, wie wir oben fahen, Mann und Frau fich am tiefften verftehen Mann und können. Frau Die ftellt Eigenart ergänzende fie_von vornherein von mehr gegenüber als nebeneinander. Sie fchafft die fpezifiiche. Grundlage für alle Ich-Du-Beziehungen, für den letzten Ineinanderblick zweier Perfonen, für die geiftige Einswerdung *. Gerade die generelle Ungleichheit im Weien beider ermöglicht ein tieferes Eindringen in die Seele des anderen, ein ftärkeres Von-innen-Sehen, für die Eigenart gänzung. Erfchloffenheit letztlichere eine des anderen, eine wirkliche Er- Es find eben beide Wefensarten aufeinander zugeordnet und als folche mit einer fpezififchen Fähigkeit, den anderen zu verftehen, begabt. Diefe Tatfache fchafft nicht nur die geiftige Grundlage für die Ehe, fondern, wie wir fehen werden, auch die Möglichkeit zu tieferen, engeren und glanzvolleren Gemeinfchaften rein geiftiger Art zwifchen beiden Gefchlechtern, als_es innerhalb eines Geichlechtes 1 Vgl. Augsburg meine „Metaphyfik der Gemeinfchaft“, möglich ift. dazu 1930. 10 — v. Hildebrand, Zeitliches ; 146 ; * Die Bedeutung von Mann und Frau Unfere Frage nach der Bedeutung der beiden Gefchlechter füreinander außerhalb der Ehe differenziert fich jetzt, nachdem wir die Bedeutung-des geiftigen Wefensunterfchiedes von Mann und Frau und ihre fpezififche Zuordnung aufeinander kennen lernten, auf folgende zwei Fragen. Erftens: in welchen individuellen Beziehungen, abgefehen von der Ehe, wirkt fich diefe geiftige Zuordnung bedeut{am aus, oder welche klaffifichen Freund{ichaftstypen zwifchen Mann und Frau gibt es? Zweitens: g aus in großen Zuordnunt diefe rk fich wi wie_ umGemeinichaffen, die Männer und Frauen fchließen? . Bevor wir uns der Beantwortung diefer Fragen zuwenden, müflen wir noch auf folgendes aufmerkfam machen. In der Theorie Sigmund Freuds wird alles in der Welt auf fexuelle Motive zurückgeführt. Leider hat diele grundverkehrte Auffaflung auch in manchen katholifchen Kreifen in gemilderter Form Eingang gefunden. Für.diefe Auffaflung ift natürlich die geiftige Zuordnung von Mann und Frau nur Für deneine Folge der fexuellen Zuordnung. ‚ jenigen; für den alles — Kunft, Religion, jede Art von Liebe — nur Sublimierungen des Gefchlechtstriebes find, muß natürlich auch dieie geiftige Ergänzung beider Gefchlechter nur eine Auswirkung des Sexuellen fein, wenn nicht gar eine bloß verdeckte Sexualität. Wir können hier auf die Grundirrtümer diefer 'Theorie nicht ausführlicher eingehen. Sie ift zu- nächft ein klaffifcher Fall jener falfchen Pfychologie, die im Menfchen ftatt der geiftigen Perfon das Lebewefen für die eigentliche Subftanz hält, — jener Betrachtung „von ‚unten“ her, deren Sie macht aus Fehler wir anfangs erwähnten. 147 füreinander außerhalb der Ebe ] Sphäre, die ihrem eig enthchen eines höheren bloßer Ausdruck der finnnlichen Sinn nach ein Geiftigen ift, die eigentliche Grundlage des ganzen Sie verkennt die Struktur der Seelenlebens?. von Perfon _ Grund aus und Eigenart der .geiftigen Sphäre. die völlig fouveräne: Wovor fich aber auch derjenige befonders. hüten muß, der die prinzipielle Falıchheit diefer Theorie anerkannt hat, .ift die unfelige Symbolik,. in allem eine finnliche Note zu erblicken. Wenn man fich hineinfteigert, überall nach einer fexuellen. Note zu {uchen, fo wird man fie auch finden. Aber nicht weil fie wirklich da ift, fondern weil man hat, fich geiftig die „f{exuell“ gleichflam gefärbt eine ift. Brille aufge[etzt Es ift eine fpem-— filche Eigenart diefes Gebietes, daß man alles in diefem Lichte fehen kann, daß diefe Betrachtungsweife gleichlam anfteckend ift, und wenn man glaubt, irgend etwas zu finden, was damit nichts zu tun hat, fo erfcheint im nächften Augenblick auch. diefes fexuell gefärbt. Vor dielem monomanen -.. Wittern der Sexualität hinter allem — in der Beziehung von Mutter und Sohn, von Vater und Tochter, von Gefchwiftern ulw. — muß man fıch hüten; denn diefe Haltung /chafft eine befondere Man fieht überall Grundlage für Täufchungen, etwas hinein, was an fich in keiner Weife darin liegt. Und fo müflen wir nicht nur die Behauptung, auch jede geiftige Beziehung zwifchen Mann und Frau fei verdeckte Sexualität, ganz zurückweifen, fondern auch die fo oft gehörte: eine rein geiftige Freundfchaft oder Liebesgemeinfchaft zwifchen. x 2 Vgl. dazu mein Buch über „Reinheit und Jungfräulich-. eit“, 10* ' 148 Die Bedeutung von Mann und Frau beiden Gefchlechtern könne es nicht geben, es dfei immer zum mindeften ein finnliches Element darin, diefes Element ließe fıch nicht ganz ausichalten. ° Anderfeits dürfen wir aber auch nicht vergeffen, daß, fo irrig es ift, die geiftige Zuordnung beider Gefchlechter aus der finnlichen Zuordnung ableiten zu wollen oder gar die geiftige Zuordnung im zGrunde für etwas Sexuelles zu halten, doch der ge- ‘fallene Mend{ich ftändig der ‚Gefahr ausgefetzt ift, daß fich in die Gemeinfchaft beider Gefchlechter illegitimerweife ein finnliches Moment ein{chleicht. Im gefallenen Men{fchen hat fich die niedere Sphäre infofern von der höheren emanzipiert, als fie nicht nur im Einklang mit der höheren geiftigen Sphäre und insbefondere im Einklang mit dem Willen fich aktualifiert, fondern auch ifoliert davon auftritt. So kann an fich ftets bei jeder Gemein{chaft zwifchen beiden Gefchlechtern ein Überfpringen auf die finnJliche Sphäre ftattfinden, und zwar nicht nur ein legitimes. Auch hier gilt das Wort: „Brüder, feid nüchtern und wachet; denn der Teufel geht umher wie ein brüllender Löwe und fucht, wen er ver{chlingen könnte“ (1ı Petr. 5, 8). Diefe Gefahr muß uns zwar zur Wachlamkeit und Vorficht mahnen, fie kann aber nicht ein Motiv werden, jeder Berührung mit dem anderen Gefchlecht aus dem Wege zu gehen. Der Gefahr von Verfuchungen können wir nicht ent- fliehen. Die bloße .Gefahr einer Verfuchung foll uns wohl von wertloflen und indifferenten Dingen fernhalten, aber fie darf uns nicht von in fich guten und heilfamen Dingen abhalten. Es ift hier genau {o wie mit den anderen Verfuchungen. Wer ift ficher vor der Gefahr hochmütiger Gedanken, wenn er etwas Gutes tut? Soll er es etwa deshalb 149 füreinander außerhalb der Ehe. unterlaffen? Hier gilt das Wort des heiligen Bern- hard, als er einft bei einer Predigt von hochmütigen Gedanken ergriffen wurde, wie er fo gut predige, ufw.: Teufel, deinetwegen habe ich nicht angefangen, deinetwegen höre ich auch nicht auf. Diefe generelle Gefahr plötzlicher Verfuchungen muß uns alfo wohl in ftändiger Wachfamkeit erhalten und im gefunden Mißtrauen gegen fich felbft, aber fie bildet noch keinen hinreichenden Grund einer geiftigen Berührung mit dem andern Gefchlecht aus Wir werden {fpäter {fehen, dem Wege zu gehen. welche Forderungen an jede Gemeinfchaft beider Gefchlechter daraus erwächft, Wir wenden uns nun zunächft der Frage zu, welche klaffifchen Freundfchaftstypen zwifchen beiden Gefchlechtern gibt es? Hier tönt uns gleich Man fagt: mag ein anderer Einwand entgegen. auch die generelle Gefahr von Verfuchungen kein Einwand gegen mögliche Gemeinfchaften beider Gefchlechter fein, fobald es fich aber um drückliche Freund{chaft von Mann eine aus- und Frau han- delt, die nicht Gefchwifter find, fobald es fich um Fall. Gewiß, wir wollen uns nicht darüber eine perfönlich nahe Beziehung handelt, ja fogar um eine ausgefprochene Ich-Du-Gemeinichaft, ein wirkliches Auf-einander-Eingehen in Liebe, fo ift ein Übergreifen in das finnliche Gebiet unvermeidlich; m. a. W. eine tiefe und von wirklicher Liebe erfüllte Freundichaft zwifchen Mann und Frau ift immer zugleich eine finnlich gefärbte, mögen die Betreffenden es fich eingeftehen oder nicht. Wäre dies richtig, fo wäre damit der Stab über individuelle Gemein{chaften zwifchen Mann und Frau außer d;11'1 Ehe gebrochen, — aber dies. ift eben nicht der täufchen, . 150 Die Bedeutung von Mann und Frau wenn zwilchen Mann und Frau eine letzte geiftige Ich-Du-Gemeinfchaft vorliegt, fo liegt eine natürliche Tendenz vor, daß die Liebe auch in die finnliche Sphäre hinüberführt, wie es ja bei der Ehe der Fall ift. Aber es gibt befondere Faktoren, die diefe Tendenz abfchneiden und der Beziehung ihren rein ; geiftigen Charakter erhalten, ohne ihr deshalb etwas ‘ von ihrer Tiefe und Glut zu nehmen. _Die Gefahr diefer Tendenz beftehrt allerdings nur £für folche Freundichaften, die eine letzte IchDu-Gemeinifchaft darftellen und die damit über eine Freund{chaft im üblichen Sinne weit hinausdenn gerade die typifche Freundfchaft, gehen; das ausgeprägte Nebeneinander-Stehen Hand in Hand, der gemeinfame Blick auf objektive Wertgebiete, die Beziehung, in der die gegenleitige Liebe nicht „thematifch‘“ ift, in der kein {Ipezifi- Icher Ineinanderblick der Seelen vorliegt und keine geiftige Einswerdung intendiert wird, trägt diefe Tendenz, auf die finnliche Sphäre überzugreifen, nicht in fich. Hier fehlt vielmehr in der Qualität der Gemeinfchaft der Anknüpfungspunkt für irgend eine moghche Beziehung zur finnlichen Daß eine folche Freundichaft zwilchen Sphäre. Mann und Frau möglich ift, liegt auf der Hand, und bei ihr bildet das Freibleiben von jeder {innlichen Beimifchung kein Problem®. Aber in diefer 3 Die generell geforderte Wachfamkeit, von der oben die Rede war, ift natürlich auch hier notwendig; denn, wie der Menfch nie vor Verfuchungen finnlicher Art ficher ift, fo kann auch eine folche hier plötzlich fich einftellen. Sie kommt aber dann ganz von außen, bzw. fie ift ganz akzidentell, da in der Beziehung an fich kein Boden für fie } gegeben ift. Färeinander außerhalb der Ehe ISI Gemein({chaft fehlt auch'der befondere Glanz und die Zentralität einer echten Ich-Du-Gemein{fchaft, in der fich die volle Zuordnung von Mann und Frau in ihrer Ergänzungsbedeutung auch auswirkt. Unfer eigentliches Problem liegt aber gerade hier: welcher: Faktor kann eine letzte Ich—Du—Gememfcha% zwifchen beiden Gefchlechtern vor jedem an fich normalen Übergreifen in das finnliche Gebiet frei-‘ halten? Wann kann eine Beziehung rein geiftig und doch voll von letzter Glut und Hingabe fein? Nur; dann, wenn es eine Beziehung in Jefus, aus Jefus und für Jefus ift. Nur durch das volhge Verankert? fein im Übernatürlichen kann eine letzte Ich-Du-ä Gemeinfchaft von ‚eder finnlichen Beimifchung frei bleiben und doch eine einzigartige Auswirkung der geiftigen Zuordnung von Mann und Frau darftellen. Nur wenn wir uns mit der Erhebung zur geiftigen Sphäre nicht begnügen, fondern zu der geiftlichen oder übernatürlichen auffteigen, ift diefe heilige Gemeinfchaft möglich, in der die Zuordnung von Mann und Frau reın geiftig in ihrem Wert fich entfaltet und eine geiftige Einswerdung in Jefus ermöglicht, wie fie zwifchen Perfonen desfelben Gefchlechts nicht in dem gleichen Maß möglich ift. Die Vorausfetzung dafür ift, daß Jefus das Thema diefer Beziehung darftellt, daß beide in erfter Linie auf das Heil des anderen blicken, daß fie an der Liebe Jefu zu dem anderen teilnehmen, daß fein. heilig{tes Herz der Ort ift, an dem fich beide Seelen‘ treffen und an dem fie gleichfam ineinandertauchen. Diefe Beziehung hat einen Glanz und eine Glut, den‘ keine andere Liebesgemeinichaft übertreffen kann: und die eine gewiffle Analog1e zur ehelichen Liebe darm befitzt, aber auch eine Reinheit und Geiftig“ Is2 Die Bedeutung von Mann und Fran keit, die keine Beziehung zwifchen Perfonen gleichen Gef{chlechtes übertreffen kann *, Das ift nicht ein Ideal, von dem ich fpreche, das nie realifiert war, fondern etwas, von dem uns die Gefchichte der Heiligen viele Beifpiele aufweift. Allen voran die einzigartige Beziehung des heiligen \Franz von Sales und der heiligen Franziska von äChantal‚ deren Briefe ein eindeutiges Zeugnis von ‘der Tiefe und Glut, von der Reinheit und Letztlich- keit diefer Beziehung geben, — aber eine Beziehung, bei der jeder tiefer Blickende verfteht, daß eine iolche Ergänzung, ein folch letztes Sich-Verftehen, ein folches Ineinandertauchen der Seelen nur möglich- ift einerfeits in Jefus und durch Jefus, anderfeits aber auch nur zwifchen einem Mann und einer Frau, nicht zwifchen Perfonen gleichen Gefchlechts. Oder denken wir an die heilige Klara und den heiligen Franziskus von Affıfi, an die heilige Therefia und manche ihrer Seelenführer, an den i heiligen Bernhard von Clairvaux, der an die Gräfin \Ermangard die Worte Herr mir für deine einflößt, und den Eifer, womit er mich Seele erfüllt! Wahrlich, du würdeft fchrieb: „Warum kann ich dir meinen Geift nicht ebenfo fichtbar vor Augen ftellen wie diefes Papier und dir in meinem Herzen die Gefühle der Liebe zeigen, die der erkennen, daß keine Sprache und keine Feder fie auszudrücken vermögen. Ich bin geiftig bei dir, obwohl körperlich getrennt. Wahr ift es, ich kann dir mein Herz nicht zeigen; ift es mir indes unmöglich, es völlig zu offenbaren, fo hängt es von 4 Vgl. dazu die Ausführungen über heilige Liebe fpezififcher Thematizität in meiner „Metaphyfik der meinfchaft“ ı. Teil, 5, Kapitel IIL. mir Ge- ;$3„ füreinander außerhalb der Ebe dir ab, dasfelbe zu verftehen; du brauchft nur in dein eigenes zu fchauen, um das meine darin zu finden, und mir fo viel Liebe zu dir zuzulchreiben, ... Du wirft nun beals du für mich empfindeft greifen, wie du mich feit meiner Abreife ganz bei dir behalten haft; denn ich meinerfeits kann in Wahrheit fagen, daß ich dich nicht verlaffen habe, als ich dich verließ, und daß ich dich überall wiederfinde, wo ich auch gehen mag ... Mein Herz ift auf dem Gipfel der Freude, indem es von dem Frieden des deinen Kunde erhält. Ich bin glücklich, wenn ich weiß, daß du glücklich bift, und in deiner Ruhe : beftehr die meinige.“ Ich möchte allerdings hier ausdrücklich davor warnen, diefe geiftigen Liebesgemeinfchaften wegen ihres rein geiftigen Charakters über die Ehe zu ftellen. Gewiß ftehen fie im allgemeinen fubjektiv höher, weil fie nur auf großer Höhe, bzw. in Jefus beftehen können. Aber wenn wir uns eine Ehe auf gleicher Höhe denken, eine Ehe zwifchen zwei Heiligen, fo dürfte die Auswirkung der Einheit auch in der finnlichen Sphäre nicht als ein Grund angeführt werden, um die Ehe als etrwas weniger Hohes zu betrachten. Das Enticheidende aber für uns ift zu fehen, daß die Zuordnung Frau von Mann und find, ich mitten auch außerhalb der Ehe eine rein geiftige Gemeinfchaft von einzigartiger Tiefe, Glut und Reinheit, von befonderer Ergänzung, befonderem Sich-Verfitehen und Sich-Befruchten ermöglicht, durch die Jefus verherrlicht wird, der gefagt: wo zwei in verflammelt meinem Namen „Sieg“ über die „Welt“ bin unter ihnen, — eine Beziehung, die einen {pezififchen verkörpert. ; Wir wenden uns der zweiten Frage zu, die uns hier zu befchäftigen hat, nämlich der Rolle der 154 Die Bedeutung von Mann und Franu Zuordnung von Mann und Frau in großen Gemeinfchaften. Hier gilt es zwei Gefahren entgegenzuwirken. Die erfte ift die fchon oben erwähnte ‚generelle Gefahr eines Übergreifens in die finnliche Sphäre. Die zweite befteht darin, daß durch das ° Zufammen{fein von Männern und Frauen eine Ab{tumpfung eintritt, die insbefondere der Frau ihre Weiblichkeit nimmt und damit fowohl die günftige Einwirkung beider Gefchlechter aufeinander auf'hebt als auch den fpezififichen Eigenwert des Weiblichen zerftört. Zur Kompenfierung diefer zweiten Gefahr ift ‚erforderlich, daß das Gut, das die Gemeinichaft zufammenhält, entweder von folcher Höhe ift, daß es ein „Sursum corda‘“ von allen Gliedern der «Gemein{chaft fordert, — wie vor allem bei religiöfen Gemeinifchaften oder auch Gemeinfchaften, in denen ein beftimmtes Ideal alle zufammenhält, — ‚;oder es muß das Gut eine farbige Außergewöhnlichkeit befitzen, — wie bei allen Gefelligkeitsgemeinfchaften. Nur dann liegt — wenn auch in fehr ungleichem Maße — eine Situation vor, die eine fo formende Kraft befitzt, daß beide Gefchlechter in ihrer Eigenart und ihrem Eigenwert verbleiben, und daß fie dadurch, auch durch ihre Verfchiedenheit die Gefamtatmofphäre befruchtend, erziehend und ergänzend aufeinander einwirken, Ift die Gemeinfchaft hingegen auf einem rein neutralen Gut oder ‚gar Interefle gegründet, handelt es fich um wirtfchaftliche Intereffengemeinfchaften oder um kolle‚giale oder kamerad{chaftliche Arbeitsgemeinfchaften, fo ift die Situation fo, daß fie insbefondere die Eigenart der Frau als Frau in den Hintergrund drängt und damit auch die Möglichkeit, die ‚Atmofphäre durcır ihre Teilnahme zu färben und färeinander außerhalb der Ehe 155 zu ergänzen, bzw. auf die Männer in diefem Sinne einzuwirken, verfchwindet. Die Miffion der Gefchlechter fure1nander kann fich alfo nicht ohne weiteres in jeder Gemeinfchaft auswirken; fie fordert gewifle Vorausfetzungen. Sind diefe nicht gegeben und beherricht eine {pezifilche Kamerad{chaftlichkeit die Situation, fo i es beffer, wenn die Frauen nicht teilnehmen. Das führt uns zu einem weiteren wichtigen Moment, das zugleich die Kompenfierung der finnlichen Gefahr in fich enthält. Die Beziehung zwifchen Mann und Frau muß ftets einen ritterlichen .. Charakter von feiten des Mannes behalten. Alles Burfchikos-Kameradfchaftliche ift fchlechtweg ‚unerträglich zwifchen beiden Gefchlechtern. Wenn Männer und Frauen zulammen find muß eine ift von {felbft gegeben bei all den Gememfchafläen‚ deren gemeinichaftbildendes Gut "Träger hoher Werte ift, vor allem bei religiöfen Gemeinfchaften; weil hier die Höhe des Wertgebietes den Men{chen in die Tiefe führt und fpezififch fammelt und von felbit das Gegenteil eines Sich-gehen-Laffens erzeugt. Bei den Gefelligkeitsgemeinfchaften ift es notwendig, ausdrücklich über die Einhaltung einer ritterlichen Beziehung, einer edlen Zuruckhaltung, fowie über alles ‘ Sich-gehen-Laffens, . die Vermeidung zu wachen. burfchikofen Su:h Anbiederns alles Die heutigen Tänze und die heutige Mode, die ganzen kulturlofen Lebensgewohnheiten im Zufammenleben der Jugend beweifen zur Genüge, wie wefentlich diefe Forderung ift. Überall, wo das Gemein{chaftsideal im Sich-gehen-Laffen befteht, — wo man glaubt, nur dann unter „fich“ zu fein, wenn man 156 Die Bedeutung von Mann und Frau fich gehen 1äßt, ift es befler, wenn die Gefchlechter %getrennt bleiben. Sonft ift ihr Zufammenfein deftruktiv und gefährlich. Dann ift das Sich-gehenLaflen noch weit {chlimmer, als wenn es innerhalb eines Gefchlechts fich vollzieht. M. a. W. überall da, wo man fich bewußt über die {pezififche MilfGon der beiden Gefchlechter füreinander hinwegfetzt oder fie doch objektiv ausfchaltet, ift die Gemeinfchaft beider Ge{fchlechter deftruktiv und von Übel, wie es analog etwa immerhin befler ift, daß ich, wenn ich mich {chon gehen laffen will, dies im Wirtshaus ftatt in eingr Kirche tue. Andrerfeits erhellt aber auch daraus die befondere Miffion, die die Verbindung beider Geichlechter in einer Gemeinfchaft befitzt. Gerade durch das ; Hereinbeziehen der Frauen in eine Gefelligkeits; gemeinfchaft wird allen der Zwang auferlegt, alles ı Sich-gehen-Laffen zu vermeiden und in eine tiefere X ! Seinsfchicht fich zurückzuziehen. Diefe Gedanken mögen genügen, um zu zeigen, wie groß die Bedeutung von Mann und Frau auch für viele andere Gemeinfchaftstypen, abgefehen von der Ehe, ift, und welch hohe Werte der geiftigen Berührung von Mann und Frau auch fonft entfpringen können, wie notwendig. und heilfam der gegenfeitige Einfluß ift und wie unvollkommen eine nur männliche oder nur weibliche Menfchheit wäre, abgefehen von der biologifchen Unmöglichkeit, Vor allem aber ergibt fich daraus, wie lächerlich es ift, die fo offenkundige gemeinfame Aufgabe in der Welt, an der beide in ihrer Weife mitzuarbeiten berufen find, die deutliche Zuordnung beider in ein Rivalitätsverhältnis der Gefchlechter gegeneinander umzudeuten, als ob die Welt unter weiblichem und männlichem „Intereflenftandpunkt‘“ zu betrachten P ' . füreinander außerhalb der Ehe 157 fei. Nicht nur für die Ehe, fondern generell ermöglicht die Ergänzung von Mann und Frau die vollkommenere Gemeinfchaft, und auch hiefür gilt das Wort Gottes bei der Erfchaffung Evas: Es ift nicht gut, daß der Menich allein fei. Laffet uns ihm eine Gehilfin machen, die ihm gleiche.